19.9.2018 Ein Kreistag mit Licht und Schatten

Dr. Michael Friedrich

Der vergangene am 19. September 2018 war der nun schon 19. in dieser Wahlperiode. Noch drei weitere werden bis zur Kommunalwahl am 26. Mai 2019 stattfinden. Dann werden die Karten neu gemischt.

Mit der Wahl des 2. Beigeordneten Jens Kabisch, zuständig für die Bereiche Haushalt, Finanzen, Controlling der kommunalen Beteiligungen, Digitalisierung und e-Government, wurde eine wichtige Personalentscheidung getroffen. Beigeordnete sind kommunale Wahlbeamte auf Zeit und werden für sieben Jahre gewählt. Zwar hat die LINKE grundsätzliche Vorbehalte gegen den Beamtenstatus und hätte den Finanzverantwortlichen lieber im Angestelltenstatus gesehen. Diese Differenz  aber an der Person des zu Wählenden auszutragen wäre nicht sachgerecht gewesen. Zumal für diesen gut dotierten Posten ohnehin nur magere 10 Bewerbungen eingingen, von denen ganze vier die geforderten Voraussetzungen eines einschlägigen Hochschulabschlusses und mehrjähriger Leitungserfahrungen vorweisen konnten. Am Auswahlprozess unter Leitung des Landrates waren die vier Fraktionsvorsitzenden mit beratender Stimme beteiligt. Dabei setzte sich Jens Kabisch sehr klar durch seine sachliche und vermittelnde Argumentation unter Einbindung der Zuhörer ins Gespräch durch, die auf eine ziel- und ergebnisorientierte Arbeitsweise schließen lässt. In offener Abstimmung wurde der Kandidat auch mit den Stimmen der LINKEN gewählt. Wir haben dem 2. Beigeordneten zur Wahl gratuliert, verbunden mit dem Wunsch nach guter und auch bei Kritik belastbarer Zusammenarbeit. Nach Beginn seiner Amtszeit am 01.01.2019 werden wir Jens Kabisch in Vorbereitung der Haushaltsberatungen 2019/2020 in die Fraktion einladen.

Nach einer Reihe weiterer Personalentscheidungen, die hier nicht kommentiert werden müssen,  gab Landrat Emanuel einen

Bericht zur Vergabe eines Hochgeschwindigkeitsnetzes für die Bereitstellung von Breitbandanschlüssen im Landkreis Nordsachsen. Bekanntlich wurde in sechs Projektbereichen mit einem Versorgungsgrad unterhalb von 30 Mbit/sec ausgeschrieben (Delitzscher Land, Bad Düben, Torgau, Belgern-Schildau, Oschatz und Mügeln/Wermsdorf), um das schnelle Internet bis Ende 2020 mit wenigstens 50 Mbit/sec zu ermöglichen. Insgesamt rund 107 Mio. Euro stehen dafür zur Verfügung. Für immerhin 43.000 Haushalte und viele Gewerbebetriebe bedeutet das eine deutliche Verbesserung. Im Ergebnis einer dreifachen Angebots- und Verhandlungsrunde,  mit der  der Landrat vom Kreistag im vergangenen Dezember beauftragt wurde, gibt es ein erfreuliches Ergebnis. Es wird von der Telekom zu 100 % Glasfaserkabel verbaut, was Geschwindigkeiten zwischen 100 Mbit/sec  und 1 Gbit/sec erlaubt.  Dies aber nur dann, wenn die Eigentümer zustimmen, dass die optischen Leitungsträger bis ins eigene Grundstück/Haus verlegt werden dürfen. Ansonsten kommt die veraltete Vectoring-Technologie zum Einsatz, die auf der „letzten Meile“ mit Kupferkabeln und damit mit einem deutlichen Leistungsabfall arbeitet. Bleibt nur zu hoffen, dass sich ein Großteil der Grundstückseigentümer für die Glasfasertechnologie  und damit auch für eine nachhaltige Wertsteigerung ihrer Grundstücke entscheidet!

Trotz dieser guten Vergabeentscheidung ähnelt die Geschwindigkeitskarte beim schnellen Internet in Nordsachsen auch zukünftig dem tief zersplitterten Kleinstaatenbild  des Heiligen Römischen Reiches um 1550. Es war eine gigantische Fehlentscheidung, den Internetausbau auf Jahre hinaus allein der kommunalen Selbstverwaltung zu überlassen, die diesen mangels ausreichender Finanzenkraft  und verfügbarer Erfahrungen gar nicht sachgerecht stemmen konnte. Ein zentralisierter Ausbau hätte uns um viele Jahre schneller vorangebracht, für ein vergleichbares Versorgungsniveau gesorgt und immense Kosten gespart!

Zum Abschluss des Kreistages ging es nochmal hoch her, verursacht durch einen Vorschlag der LINKEN, namentlich unseres Kreisrates Peter Deutrich. Wir hatten bereits vor einem Jahr den Vorschlag unterbreitet, eine ehrenamtliche Seniorenvertretung bzw. einen Seniorenbeirat beim Kreistag einzurichten. Diese Idee, die eine Änderung unserer Hauptsatzung erforderlich macht, wurde in immerhin drei aufeinander-folgenden Sitzungen des Ältestenrates anhand einer von vom Sozialdezernat vorgelegten Synopse, die die Vor- und Nachteile der verschiedenen Varianten beleuchtet, ohne große Kontroversen diskutiert. Dabei gab es keine grundsätzlichen Einwendungen der anderen Fraktionen.  Zum Kreistag kam nun eine Beschlussvorlage der Verwaltung zur Abstimmung, die darauf hinauslief, doch alles beim Alten zu lassen und eben  keine zusätzliche ehrenamtliche Vertretung einzurichten. Begründet wurde dies lapidar damit, dass die beiden berufenen Seniorenbeauftragten, Frau Carola Koch für den Bereich Delitzsch/Eilenburg und Frau Christine Komitsch für den Bereich Torgau/Oschatz, ihren Aufgaben vollauf gerecht würden und deshalb kein Änderungsbedarf gesehen werde.

Es ist schon etwas eigenartig, dass uns die Verwaltung eine Beschlussvorlage vorlegt, mit der exakt noch einmal das beschlossen werden soll, was ohnehin bereits Beschlusslage ist. Darüber hinaus ist es zumindest zweifelhaft, dass ausgerechnet diejenigen über die Sinnhaftigkeit einer Veränderung befinden sollen, die von dieser selbst betroffen wären. Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, legte der Fraktions-vorsitzende dar, dass unser Vorschlag keineswegs eine Missachtung  der anerkannt guten Arbeit der beiden Seniorenbeauftragten bedeutet. Vielmehr geht es der LINKEN allein darum, deren Arbeit mit einem breiten Netzwerk ehrenamtlich Tätiger zu unterstützen  und damit auf eine demokratische und transparente Basis zu stellen. Immerhin geht es hier nicht um irgendwelche Nischeninteressen, sondern um exakt 49.009 Senior-innen und Senioren, die rund 24,7 % der 198.063 Einwohner Nordsachsen darstellen (Stand 31.12.2016). Dabei ist heute Senior nicht gleich Senior. Während noch vor etwa 20 Jahren dieser Begriff  wohl zuerst mit einem Alters- bzw. Pflegeheim assoziiert wurde, unterscheiden die Soziologen heute mindestens drei starke Gruppen mit völlig unterschiedlichen Interessen und Ansprüchen, abhängig vom Alter, von der Fitness und vom  Gesundheitszustand. In immerhin 7 von 13 Gebietskörperschaften (10 Landkreise plus drei Kreisfreie Städte in Sachsen) existieren solche ehrenamtlichen Seniorenvertretungen. Nordsachsens Kreistag hat diese Chance vorerst aus Ignoranz, Kleinmütigkeit und Bequemlichkeit vergeben. Wir LINKEN aber werden dranbleiben und nach der Kreistagswahl am 26. Mai 2019 diesen Vorschlag erneut einbringen!