Redemanuskript zum Beschlussvorschlag der Kreisverwaltung zur Neuregelung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung für SGB II - und SGB XII-Empfänger (DS 1-748/12) zum Kreistag 19.12.2012

Dr. Michael Friedrich

die grundsätzlich ablehnende Haltung der LINKEN zur HARTZ-IV-Gesetzgebung ist wohlbekannt. Die anhaltend hohe Anzahl der Widersprüche und Klagen gegen HARTZ IV-Bescheide auch im Jahr acht nach deren Einführung zeugt davon, dass trotz mehrfacher Nachbesserung auch die Gesetze selbst technisch schlecht, ja regelrecht schludrig gemacht worden sind. Speziell im Bereich der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung weisen sie viele Anwendungslücken und Unklarheiten auf. Es ist deshalb gut und richtig, dass als einer der letzten Landkreise nun endlich auch wir die Vorgaben des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2009 umsetzen und ein sogenanntes schlüssiges Konzept zur Angemessenheit dieser Kosten vorlegen. Damit machen wir die ganze Sache ein klein wenig rechtssicherer, was nur im Interesse der Betroffenen sein kann.

//Anrede//,

die grundsätzlich ablehnende Haltung der LINKEN zur HARTZ-IV-Gesetzgebung ist wohlbekannt. Die anhaltend hohe Anzahl der Widersprüche und Klagen gegen HARTZ IV-Bescheide auch im Jahr acht nach deren Einführung zeugt davon, dass trotz mehrfacher Nachbesserung auch die Gesetze selbst technisch schlecht, ja regelrecht  schludrig gemacht worden sind. Speziell im Bereich der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung weisen sie viele Anwendungslücken und Unklarheiten auf. Es ist deshalb gut und richtig, dass als einer der letzten Landkreise nun endlich auch wir die Vorgaben des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2009 umsetzen und ein sogenanntes schlüssiges Konzept zur Angemessenheit dieser Kosten vorlegen. Damit machen wir die ganze Sache ein klein wenig rechtssicherer, was nur im Interesse der Betroffenen sein kann.

Wir haben die vorgelegten Zahlen und vor allem die Wege, die zu diesen Zahlen führen sorgfältig geprüft. Die neuen Angemessenheitsgrenzen sind für uns nachvollziehbar und deutlich gerechter als die bisherigen Sätze. Vor allem die Betroffenen aus Taucha, aus Torgau und aus den drei ehemaligen Kreisstädten werden jetzt klar bessergestellt, was angesichts des höheren Mietpreisniveaus in diesen Städten im Sinne der sozialen Gerechtigkeit ist; insgesamt aber natürlich HARTZ IV  keinen Deut  besser macht als es ist. Anders als in anderen Landkreisen, wo es um das schlüssige Konzept teils harten Streit und zähe Auseinandersetzungen gab und gibt, hat sich bei uns Sozialdezernent Sirrenberg um Augenmaß bemüht und keine sozialen Verwerfungen zugelassen.

 

Ungeachtet dieses insgesamt positiven Votums haben wir im Ergebnis unserer letzten Fraktionssitzung einige Fragen an die Kreisverwaltung gestellt, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:

1.       Wie viele Aufforderungen zum Umzug in „angemessenen Wohnraum“ nach der bisher geltenden Richtlinie zu den KdU-Kosten im Landkreis sind in den Jahren 2010, 2011 und 2012 bisher jeweils ergangen und wie viele Umzüge haben in jeweils diesen Jahren tatsächlich stattgefunden?

 

2.       Sieht die Kreisverwaltung Probleme bei der Bereitstellung von angemessenem Wohnraum gemäß der nunmehr zu beschließenden Richtlinie in einigen Kommunen des Landkreises Nordsachsen? Falls ja:  Welche Kommunen betrifft dies und welche konkreten Problemlagen stellen sich dort?

 

3.       Wurden alle im Landkreis Nordsachsen tätigen kommunalen Wohnungsunternehmen bzw. Wohnungsgenossenschaften an der Erstellung der neuen KdU-Richtlinie beteiligt?

 

4.       Gibt es statistische Angaben oder Schätzungen, wie sich die neuen Richtwerte der KdU auf den Leerstand der kommunalen Wohnungsunternehmen auswirken werden?

 

5.       Gibt es Berechnungen zur Entwicklung der tatsächlichen, durch den Landkreis auszukehrenden Kosten der KdU in Differenzierung von Kaltmietkosten und Warmmietkosten vor dem 1. Januar 2013 und nach diesem Datum und welche Entwicklung zeichnet sich ab?

 

6.       Wie kann im Hinblick auf die Anforderungen an die energetische Sanierung des Wohngebäudebestandes diese gesamtstaatliche Anforderung entsprechend den einschlägigen Vorgaben der EU und der Bundesregierung (EnEV 2009, EU-Richtlinie 2010, EnEV 2013 u.a.) mit den neuen Richtwerten KdU in Einklang gebracht werden? Welche Empfehlungen wurden bereits seitens der Kreisverwaltung an die im Landkreis tätigen Wohnungsunternehmen bzw. Genossenschaften ausgesprochen zur weiteren Gestaltung der energetischen Sanierung und Modernisierung, um angemessene Mietpreise im Sinne der jetzt zu beschließenden KdU-Richtlinie zu gewährleisten?

 

7.       Wie geht die Kreisverwaltung mit dem kritischen Umstand um, dass gemäß Tab. 21 „Maximale Brutto-Kaltmiete und tatsächliches Angebot“ in der Langfassung zu den Mietwerterhebungen zur Ermittlung der KdU-Obergrenzen im Landkreis Nordsachsen durch die Beratungsgesellschaft „Analyse und Konzepte“ für 5-Personenhaushalte in den Wohnungsmarkttypen I und II jeweils nur 0 %, im Wohnungsmarkttyp III nur  9 % und im Typ IV nur 12 % im Angebot des durch die neue KdU-Richtlinie dargestellten Preissegments real vorhanden sind, obwohl mindestens 35 % angestrebt werden? Können deshalb Haushalte mit 5 Personen bzw. 5 plus auf größere/ teurere Wohnungen ausweichen, ohne einen „Zwangsumzug“ befürchten zu müssen?

 

8.       Das Bundessozialgericht hat mit Datum vom 16.05.2012 (B4 AS 109/11R) erneut seine Rechtssprechung gefestigt, dass für einen Single-Haushalt eine Wohnraumgröße von 50 Quadratmeter als angemessen angesehen werden muss. Das Sozialgericht Mainz hat sogar mit Urteil vom 16.08.2012 (S 17 AS 1452/09) entschieden, dass der Angemessenheitsbegriff, welcher auch unserer neuen Reglung zugrunde liegt, dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG widerspricht. Es setzt sich damit bewusst über die Rechtssprechung des Bundessozialgerichts hinweg und führt aus, dass alle KdU im SGB II als angemessen zu betrachten sind, welche „nicht evident unangemessen hoch sind“. Wie beurteilt die Kreisverwaltung aufgrund der vorgenannten Rechtsprechung die Rechtsförmigkeit der neuen KdU-Richtwerte?

 

9.       Wann und in welcher Form beabsichtigt die Kreisverwaltung die Evaluierung der nunmehr zu beschließenden KdU-Richtwerte?

 

 

Für die zufriedenstellende Beantwortung dieser nicht ganz unkomplizierten Fragen in der Kürze der Zeit noch rechtzeitig zur Kreistagssitzung möchte ich mich bei Herrn Sirrenberg und seinem Team bedanken. Wir werden der neuen Satzung zustimmen.