Entschließung zur Verabschiedung des Schulnetzplanes des Landkreises Nordsachsen in Drucksache 1-733/12

Beschlussvorschlag:

Bei der Erarbeitung und Diskussion des vorliegenden Schulnetzplanes wurde übereinstimmend deutlich, dass die Planungen geeignet sind das bestehende Schulnetz in einem Zeitraum von fünf Jahren zu stabilisieren, sofern die vorgeschlagenen Maßnahmen der kommunalen Zusammenarbeit zwischen den Schulträgern vor allem im Grund- und Mittelschulbereich von den Bürgermeistern und den Gemeinderäten zügig umgesetzt werden und die Eltern sowie die Schülerinnen und Schülern durch entsprechende und gegebenenfalls flexible Wahl des Schulorts bereit sind, diese kommunale Zusammenarbeit mit Leben zu erfüllen. Damit wird das zentrale Ziel, Schulschließungen im ländlichen Raum nach Möglichkeit zu vermeiden, trotz bestehender restriktiver gesetzlicher Regelungen zunächst einmal  erreicht.


Das grundlegende Problem der nachhaltigen Stabilisierung des bestehenden Schulnetzes vor allem im Grund- und Mittelschulbereich außerhalb der zentralen Orte auch über den Planungshorizont nach dem Jahr 2018 hinaus aber kann  mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium der kommunalen Zusammenarbeit angesichts der absehbaren Geburtenzahlen und der weiterhin zu erwartenden Abwanderungsverluste nicht gelöst werden. Hierfür sind Änderungen der zugrunde liegenden Gesetzgebung, speziell des Sächsischen Schulgesetzes und der darauf aufbauenden Verordnung zur Schulnetzplanung, aber auch des Landesentwicklungsplanes  notwendig.


Der Kreistag ist der Auffassung, dass nicht nur in den Ober-, Mittel- und Grundzentren, sondern generell im ländlichen Raum eine Mindestausstattung mit Bildungseinrichtungen erforderlich ist.


Ansonsten wird es nicht gelingen, den ländlichen Raum auch außerhalb der zentralen Orte wieder zu stärken und insbesondere für junge Familien zu attraktiven Wohn- und Arbeitsstandorten zu entwickeln. Notwendig dafür ist eine stärkere Berücksichtigung der Spezifika dünnbesiedelter ländlicher Räume in der Schulnetzplanung, wie sie für große Teile des Landkreises Nordsachsen charakteristisch sind. So sollte im Grundschulbereich die notwendige Mindestschülerzahl von gegenwärtig 15 auf 10 abgesenkt werden (so wie in Sachsen-Anhalt). Jahrgangsübergreifender Unterricht zumindest für die ersten beiden Schuljahre sollte möglich werden. Aber auch Schulen in freier Trägerschaft erschweren es zunehmend, die Mindestschülerzahlen zu erreichen. Hier sollte über geeignete Lösungen wie z. B. die Anrechenbarkeit der Schülerinnen und Schüler dieser Bildungseinrichtungen in der Wohngemeinde diskutiert werden, damit die gewollte Vielfalt in der sächsischen Bildungslandschaft nicht an einzelnen Standorten zur Verschärfung der bestehenden Probleme oder gar zu einem Verdrängungswettbewerb zu Lasten der staatlichen Schulen führt. Schließlich wird der pauschale Abzug eines konstanten Prozentsatzes von Schülerinnen und Schülern, die in Förderschulen gehen als kritisch angesehen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Fraktions übergreifend vom Sächsischen Landtag beschlossene Konzept der Inklusion in den Schulen schritt-weise umgesetzt wird, wodurch der Anteil an Förderschülerinnen und –schülern tendenziell sinkt.


Der Kreistag spricht sich dafür aus, im Interesse des hohen Niveaus des sächsischen Bildungssystems und der Identitätsstiftung gerade für die jüngsten Mitbürgerinnen und Mitbürger wohnortnahe Grund- und Mittelschulstandorte dauerhaft zu erhalten. Dafür sind neben einer Vertiefung der kommunalen Zusammenarbeit auch entsprechende Änderungen des Sächsischen Schulgesetzes erforderlich.


Weiterhin regt der Kreistag an, bei der nächsten Fortschreibung des Schulnetzplanes für die unter Beobachtung stehenden Schulstandorte einen komplexeren Planungsansatz zur Anwendung zu bringen. Dieser sollte neben den notwendigen administrativen und effizienzorientierten Überlegungen eine breitere Bürgermitsprache beinhalten. Gerade ein Landkreis wie Nordsachsen, der durch eine mit eigener Kraft nur schwer zu bewältigende Destabilisierung im Bereich der wirtschaftlichen Entwicklung, des Arbeitsmarktes, der Bevölkerungsentwicklung und der Finanzausstattung gekennzeichnet ist, benötigt auf lokaler Ebene Handlungsansätze, die lokales Handeln motivieren und initiieren. Das bedingt reale Einflussmöglichkeiten und politisches Gehör, um lokale Lösungen für lokale Probleme auch tatsächlich erfolgreich umzusetzen.
Um es bei künftigen Planungen für Schulstandorte nicht zu unüberbrückbaren Gegensätzen zwischen bürgerschaftlicher Betroffenheit und administrativem Expertentum kommen zu lassen, werden planerische Beteiligungsmodelle („Demokratie und Teilhabe“) immer wichtiger. Mit diesen Modellen, die beispielsweise in dem Modellversuch der TU Dresden „Kleine Schule – Bildungsvorsorge im ländlichen Raum“ (2005) am Beispiel der Grundschule Wehlen erfolgreich erprobt worden, kann versucht werden, diese Kluft zu überbrücken.


Der Kreistag regt an, zukünftig als zusätzliche Ressource bei der Schulnetzplanung eine pädagogisch-sozialräumliche Entscheidungsmatrix zugrunde zu legen, die öffentlich vor Ort ausgehandelt wird und die u. a. folgende Kriterien umfasst:

  • Schülerlogistik,
  • Einzugs- bzw. Entfernungsnormen,
  • Bewertung der jeweiligen Bedeutung des Standortfaktors Schule für die Kommune,
  • Entwicklungspotentiale und Leitbilder der Region und der Kommune,
  • Nachhaltigkeit,
  • Schulinternes Curriculum.

Der Kreistag hält es für die Bildungsvorsorge im ländlichen Raum für Ziel führend, wenn zukünftig der Schulnetzplan über das schlichte Ziel, der Entwicklung eines ausgeglichenen Verhältnisses zwischen den zur Verfügung stehenden Schulplätzen und der zu erwartenden Schülerzuweisung hinausragt. Demzufolge besteht ein wesentlicher Schritt in der Bestandsaufnahme und –analyse der oben aufgeführten Entscheidungskriterien. Für eine rationale Entscheidung unter Berücksichtigung aller Kriterien wird für die Planungspraxis eine Entscheidungsmatrix vorgeschlagen, die alle genannten Aspekte, möglicherweise verschieden gewichtet, beinhaltet.


Dr. M. Friedrich
Fraktionsvorsitzender