12 500 Rentner in Sachsen leben von Grundsicherung

Torgauer Zeitung

Immer mehr Seniorinnen und Senioren müssen mit nur 851 Euro im Monat auskommen. Doch selbst dafür muss vorher sehr lange gearbeitet werden.

Die Zahl der Rentnerinnen und Rentner in Sachsen, die Grundsicherung beziehen, ist auf einen neuen Höchstwert gestiegen. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor, die die Linksfraktion im Bundestag erfragt hat. Danach sind (Stand September 2021) insgesamt 12 500 Menschen auf Sozialhilfe im Alter angewiesen – und damit 645 mehr als noch ein Jahr zuvor. Das ist der höchste Wert seit zwei Jahrzehnten und gleichzeitig doppelt so viel wie 2003. Damals waren noch 6156 Menschen im Rentenalter auf Sozialhilfe angewiesen.

28 Jahre lang arbeiten für das Existenzminimum

Das staatliche Existenzminimum liegt derzeit bei 851 Euro. Doch auch diese Summe muss erst einmal erarbeitet werden. „Ausgehend vom Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung sind rein rechnerisch 28 Jahre erforderlich, um einen Rentenzahlbetrag oberhalb des durchschnittlichen Bruttobedarfs in der Grundsicherung im Alter in Höhe von 851 Euro (Stand 30. September 2021) zu erreichen“, teilte das Bundesarbeitsministerium mit.

Der Leipziger Linken-Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann konstatiert darum, der neue Höchstwert sei bitter für Sachsen. Die Altersarmut könnte insbesondere im Osten in den kommenden Jahren noch deutlich weiter ansteigen. „Wenn 28 Jahre Durchschnittsverdienst notwendig sind, um überhaupt Grundsicherung zu erreichen, dann stimmt in der gesetzlichen Rente etwas grundsätzlich nicht.“ Angesichts der Preisexplosion bei Energie und Lebensmitteln müsse die Ampel-Koalition dringend das Rentenniveau und die Grundsicherung anheben, fordert Pellmann.

Auch in Thüringen beziehen rund 5600 Menschen die Grundsicherung. 2003 waren es noch rund 3300. Bundesweit sind davon mehr als eine halbe Million Rentnerinnen und Rentner betroffen. Auch hier gibt es einen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr und eine Verdoppelung gegenüber dem Jahr 2003. Auffällig: Über die Hälfte (56 Prozent) der Beziehenden sind dabei Frauen.

Der Sozialverband VdK kritisiert die Pläne der Bundesregierung, die Verdienstgrenze bei Minijobs ab 1. Oktober von 450 auf 520 Euro anzuheben, darum als „Riesenfehler“. Insbesondere für Frauen seien Minijobs eine große Gefahr, in Altersarmut zu geraten. Denn sie seien es meist, die etwas dazuverdienten. „Wenn sie dann später auf den Rentenbescheid schauen, kommt das böse Erwachen“, so der VdK. Diese Ansicht teilt auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).

Sven Thieme, Vorsorge-Experte der Competent Investment Central GmbH Dresden, warnt vor einem generell steigenden Risiko von Altersarmut. Zwar werbe die Politik für eine umfassende „soziale Lebenslaufpolitik“, um Altersarmut effektiv zu bekämpfen. Aber in der Praxis zeigten die Statistiken, dass die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit noch viel zu weit auseinanderklafft. Das bedeute, dass viele Menschen im Alter ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen finanziellen Mitteln bestreiten können und staatliche Grundsicherung benötigen.

Als Ausgleich für die gestiegenen Energiepreise hat die Bundesregierung mittlerweile zumindest ein Entlastungspaket beschlossen. Heftige Kritik daran kommt aber vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider sagte, das Ergebnis des Koalitionsausschusses sei weder ökologisch zielführend noch haushaltspolitisch vernünftig und erst recht nicht sozial.

Umfrage: Jede und jeder Dritte um Alterssicherung besorgt

Laut einer aktuellen Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) vom Mittwoch sind mittlerweile jede und jeder Dritte um seine Alterssicherung besorgt. Frauen sorgen sich eher als Männer, Geschiedene eher als Verheiratete. IW-Ökonomin Ruth Schüler fordert daher, die Bundesregierung solle vor allem Förderungen für Personen mit hohen Armutsrisiken in den Blick nehmen.