Ärzte, Kliniken und Kassen warnen vor Lücke bei Versorgung. Gemeinsamer Forderungskatalog

Torgauer Zeitung

Leipzig/Dresden. Die medizinische Versorgung ist für viele Sachsen – nach der Migration – das dringendste Problem, das die neue Landesregierung angehen muss. Das hatte eine LVZ-Umfrage ergeben. Auch die Beteiligten aus dem Gesundheitssystem fordern die Politik jetzt zu einem raschen Handeln auf: Am Mittwoch stellten Ärztevertreter, Krankenkassen und die Krankenhausgesellschaft (KGS) in Dresden einen Maßnahmenplan vor, um die Versorgung auch künftig flächendeckend und wohnortnah absichern zu können.

Die Idee dahinter: „Einzellösungen bringen uns nicht mehr weiter“, erklärte AOK-Plus-Chef Rainer Striebel. Der Präsident der Landesärztekammer, Erik Bodendieck, stellte klar: „In der neuen Legislaturperiode muss die Gesundheitspolitik in Sachsen eine vordringliche Rolle spielen.“ Das Forderungspaket wird jetzt an alle Parteien im Landtag übergeben.

Das sächsische Krankenhausgesetz sieht eine abgestufte Struktur für die aktuell 76 Kliniken vor: Basis-, Schwerpunkt- und Maximalversorger. Kleinere Kliniken sollen in Gesundheitszentren umgewandelt werden. Einen genauen Plan gibt es aber noch nicht. „Es besteht dringender Handlungsbedarf“, sagte KGS-Geschäftsführer Friedrich München – denn viele Krankenhäuser würden wirtschaftlich in der Klemme stecken.

Der Katalog sieht im Klinikbereich massive Investitionen des Freistaates vor. So müssten die Landeszuweisungen auf 350 Millionen Euro pro Jahr etwa verdoppelt werden. Zudem wird ein zusätzliches Programm von insgesamt mindestens 500 Millionen Euro gefordert, um den Umbau der Kliniklandschaft überhaupt finanzieren zu können. Darüber hinaus soll es eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen ambulanten und stationären Medizinern geben.

Um die Versorgung aufrechterhalten zu können, „muss die Anzahl der Studienplätze in Human- und Zahnmedizin sowie Pharmazie schnellstmöglich erhöht und mittel- bis langfristig gedacht werden“, heißt es in dem Forderungskatalog. Das Ziel lautet, kurzfristig 50 weitere Studienplätze in Medizin (langfristig: plus 250) sowie jeweils 40 für angehende Zahnärzte und Apotheker zu schaffen. Die Landarztquote soll auf 13 Prozent verdoppelt werden.

Außerdem sollen Universitäten die Medizinstudierenden verpflichten, ihre Praktika in Regionen mit bereits bestehender Unterversorgung zu leisten. Auch die Bleibequote – nach Abschluss eines Studiums in Sachsen – muss etwa durch bessere Arbeitsbedingungen und eine deutliche Entbürokratisierung gesteigert werden. Darüber hinaus bezeichnete Ärztepräsident Bodendieck ausländische Ärzte und Pflegekräfte als „unverzichtbar“ – die Anerkennung der Abschlüsse dauere in Sachsen aber viel zu lange.

Auch in der Pflege werden Investitionen angemahnt. „Der Freistaat muss seinen Verpflichtungen nachkommen“, sagte Silke Heinke vom Landesverband der Ersatzkassen. Aktuell leben in Sachsen rund 310 000 Pflegebedürftige – doch quasi mit jedem Jahr werden es mehr. Der Maßnahmenplan sieht ein Investitionsprogramm bis 2030 für die pflegerische Infrastruktur vor, das pro Jahr mit 100 Millionen Euro ausgestattet sein soll. Davon sollen Neubauten, Sanierungen und Erweiterungen gefördert werden. So sollen ambulante Wohngruppen als Alternative zum Pflegeheim ein neuer Schwerpunkt werden. Zudem sei es notwendig, forderte Heinke, die Eigenanteile für Heimplätze zu begrenzen.