Auf dem Weg in die Carnegie Hall
Peter Sommerer und sein Bad Lausicker Orchester haben eine Einladung nach New York erhalten. Eine Crowdfunding-Kampagne soll bei der Finanzierung helfen.
Der Thomanerchor Leipzig, gerade hat er seine überaus erfolgreiche fünfte Tournee durch die USA abgeschlossen, wurde im März in der Carnegie Hall in New York gefeiert. Die Sächsische Bläserphilharmonie ist für April 2026 in diese berühmte Konzerthalle eingeladen. Doch vor dem ersten Gastspiel des Orchesters in den Vereinigten Staaten stehen Hürden: finanzielle.
Um die Reise zum New York International Music Festival zu unterstützen, hat der Förderkreis des Orchesters eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Doch so lässt sich allenfalls ein kleiner Teil der Kosten für Flüge, Instrumenten-Transporte und Hotels decken.
„Eine Reise in die USA ist mit so großen Ausgaben verbunden, die heutzutage kein Veranstalter dort decken kann“, sagt Barbara Venetikidou Treffurth, Managerin des 32 Musikerinnen und Musiker zählenden Orchesters. Andererseits sei der Imagegewinn enorm: „Veranstalter und Festivals in Deutschland und Europa registrieren, wer dort musiziert. Carnegie wäre der beste Türöffner für unsere Konzertakquise in Europa und Asien.“ Und ein Stück Kultur-Diplomatie. Die Stadt Leipzig habe das soeben vorgelebt: Der Thomanerchor wurde unter anderem von der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH und den Bachfest-Organisatoren begleitet.
„Für Musiker gibt es ein paar Plätze auf der Welt, von denen er sagt: Es wäre großartig, hier einmal zu spielen. Der Musikverein der Wiener Philharmoniker und die Berliner Philharmonie gehören dazu – und die Carnegie Hall in New York“, sagt Chefdirigent Peter Sommerer. „Das sind tolle Säle mit einer hervorragenden Akustik – und sie sind mit einer musikalischen Historie aufgeladen. Das macht etwas mit einem. Dort für ein Konzert überhaupt in Frage zu kommen, ist eine Ehre und eine Auszeichnung.“
Peter Tschaikowski leitete das Eröffnungskonzert in der Carnegie Hall, die 1890/91 in Manhattan gebaut wurde. Gewandhaus-Kapellmeister Gustav Mahler dirigierte hier nach seiner Leipziger Zeit als Chef das New York Symphony Orchestra.
„Die Sächsische Bläserphilharmonie ist als einziges professionelles Orchester in Bläserbesetzung in Deutschland ein Beispiel für das reiche kulturelle Erbe und die innovative Kunst Sachsens“, so formuliert es Deborah Lee Gibbs vom Veranstalter World Projects Corporation in ihrer Einladung. Sie zielt ab auf den Musikpreis Opus Klassik, den das Orchester 2023 – zeitgleich mit den Wiener Philharmonikern – erhielt. Das Konzert wäre „eine Inspiration für Hunderte anwesende junge Musiker“. Gibbs geht es um Austausch über die Musik hinaus.
„Was bereichert, ist die Begegnung von Menschen. Das Aufbrechen in Unbekanntes. Das stärkt den Zusammenhalt in einer Welt, die immer deutlicher auseinandertreibt“, sagt Sommerer: „Wir bringen die Kraft der Musik und unsere Kunst ein. Das ist das, was wir können – und was wir tun müssen.“
Nicht allein als Sächsische Bläserphilharmonie: „Wir nehmen Leipzig, die Region und Sachsen mit.“ Auch wenn die Reise noch nicht durchfinanziert sei, arbeite man bereits am Programm für New York. Wagner sei gesetzt, „Elsas Zug zum Münster“ aus der Oper „Lohengrin“, außerdem Mendelssohn und Bach.
Geplant ist nicht nur ein Festival-Konzert, sondern auch ein Dirigierkurs der Deutschen Bläserakademie. Das Blechbläserquintett möchte im Central Park spielen, das Holzbläserquintett einen Empfang der deutschen Botschaft rahmen. Um mit Konzerten Einnahmen erzielen zu können, bräuchte es allerdings ein Arbeitsvisum für jeden, Kosten 2000 Dollar pro Kopf – unerschwinglich also.
„Der Freundeskreis unseres Orchesters hat ein Crowdfunding initiiert, um so einen Teil der Reisefinanzierung zu decken. 30.000 Euro peilen wir an. Ein Viertel haben wir erreicht“, sagt Venetikidou Treffurth. Mit Unternehmern, Stiftungen und der sächsischen Politik stehe man in Kontakt, um die Kostenfrage zu klären.
Die Sächsische Bläserphilharmonie in Bad Lausick wird – wie das Leipziger Symphonieorchester in Böhlen – maßgeblich durch das sächsische Kulturraumgesetz gefördert. Verwurzelt ist sie in den Landkreisen Leipzig und Nordsachsen. Hier gibt es sieben Anrechtsreihen, die Schlösserreise, die Sommerklassik am See, Schüler-, Kindergarten- und Babykonzerte, in Summe 110 Konzerte pro Saison. Hinzu kommt das Engagement für die Deutschen Bläserakademie mit Werkstätten und Kursen.
„Um über den Kulturraum hinaus tätig sein zu können, fehlt die systematische Ausfinanzierung“, sagt der Chefdirigent. Künstlerische Projekte über mehrere Jahre zu entwickeln, sei kaum möglich. Es gehe deshalb um mehr als um Carnegie: „Wir bemühen uns darum, dass es dafür den politischen Willen gibt.“
Um ein Fünftel wurden die Gehälter am Jahresbeginn gekürzt, da Sachsen zurzeit keinen Haushalt hat. Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) informierte jetzt bei einem Besuch in Bad Lausick, dass die Finanzierung aber gesichert sei und das Geld bis zum Herbst nachgezahlt werde. Venetikidou Treffurth: „Momentan verdienen unsere Musiker nur 56 Prozent vom Tarif eines A-Orchesters!“
Hervorgegangen ist die Sächsische Bläserphilharmonie aus dem Rundfunk-Blasorchester Leipzig. Gegründet wurde das vor 75 Jahren. Das Jubiläum wird zuerst am 23. August in Bad Lausick mit einem Sommernachtsball gefeiert. Alle Konzerte im September sind dem 75. Geburtstag gewidmet. Am Pult steht nicht nur Peter Sommerer, sondern auch die neue Generalmusikdirektorin des Teatro Colón von Buenos Aires: Zoe Zeniodi, eine Griechin.
Info: www.saechsische-blaeserphilharmonie.de/de/14-news/655-crowdfunding-new-york