Beschwerden haben sich verdoppelt – mehr Prüffälle in Sachsens Pflegeheimen

Leipziger Volkszeitung

Die Zahl der Beschwerden über tatsächliche oder vermeintliche Missstände in sächsischen Pflegeeinrichtungen hat sich in den vergangenen Jahren fast verdoppelt. Das geht aus mehreren Antworten von Sozialministerin Petra Köpping (SPD) auf verschiedene parlamentarische Anfragen hervor.

Gab es demnach 2018 noch 217 Beanstandungen, waren es im vergangenen Jahr bereits 407. Das bestätigte die Ministerin jetzt auf Anfrage der Linksfraktion im Landtag. Damit wurde der bisherige Rekordwert von insgesamt 414 Beschwerden über Pflegeeinrichtungen aus dem Jahr 2023 fast wieder erreicht.

Die meisten Einwände bei Einrichtungen in Leipzig

Am häufigsten kam es zuletzt zu Kritik und Einwänden gegenüber entsprechenden Einrichtungen in Leipzig (78) und in der Landeshauptstadt Dresden (59), während die Stadt Chemnitz mit 32 Beschwerden vergleichsweise wenig betroffen war. Bei den Landkreisen waren Zwickau (46) und Mittelsachen (41) die negativen Spitzenreiter.

Laut Ministerin Köpping geht der Kommunale Sozialverband Sachsen (KSV) als zuständige Heimaufsichtsbehörde grundsätzlich jeder Beschwerde nach. Wird es als notwendig erachtet, löst der Verband dabei eine sogenannte anlassbezogene Prüfung der Einrichtungen bzw. des kritisierten Bereichs aus. Neben den Pflegeeinrichtungen selbst können davon auch Einrichtungen der Eingliederungshilfe oder ambulante Wohnformen betroffen sein.

2024 so viele Prüfungen wie in allen drei Jahren zuvor

Im Fall der sächsischen Pflegeeinrichtungen kam es dabei 2024 zu so vielen anlassbezogenen Prüfungen wie seit vielen Jahren nicht mehr. In insgesamt 190 Fällen ging die Heimaufsicht der Kritik und den Hinweisen von Bewohnern, deren Angehörigen oder auch durch das Pflegepersonal gezielt nach. Zum Vergleich: Das waren in etwa genauso viele anlassbezogene Überprüfungen, wie in den Jahren 2021, 2022 und 2023 zusammen.

Ein gravierendes Problem besteht allerdings weiterhin: So erfolgen reguläre Kontrollen in den Pflegeeinrichtungen durch die zurzeit rund 20 Mitarbeiter der Heimaufsicht nicht mindestens einmal im Jahr, sondern in zeitlich deutlich größeren Abständen. Auch reguläre Kontrollen erfolgen in der Regel ohne Vorankündigung. Im Vorjahr betraf das aber lediglich 246 von insgesamt 767 Einrichtungen.

Linke für unabhängige Prüfbehörde

Susanne Schaper, Vorsitzende der Linksfraktion und Sprecherin für Gesundheits- und Sozialpolitik, verweist hier auf die aktuellen Angaben der Sozialministerin. Die Landkreise Görlitz, Bautzen und Erzgebirge fielen demnach 2024 durch besonders niedrige Prüfquoten auf. „Aber selbst in Dresden und Leipzig nahm der Kommunale Sozialverband nur etwa ein Drittel der Pflegeeinrichtungen unter die Lupe“ kritisiert die Abgeordnete. Die Kontrolltätigkeit des Kommunalen Sozialverbands habe inzwischen ein alarmierend niedriges Niveau erreicht, warnt sie, die Prüfquote sinke immer weiter.

Schaper sieht daher dringenden Handlungsbedarf. „Die Quote muss dringend erhöht werden, zumal künftig deutlich mehr pflegebedürftige Menschen versorgt werden müssen. Wir fordern deshalb eine unabhängige Überprüfungsbehörde, die genug Kapazitäten besitzt, um alle Pflegeeinrichtungen jährlich prüfen und beraten zu können.“

Mängel führten zu Zwangsgeldern

Zutage kamen bei den erfolgten regulären Kontrollen vor allem Mängel im Umgang mit Arzneimitteln oder in der Personalausstattung. Aber auch bauliche und Hygienedefizite sowie Mängel im Zusammenhang mit der Erstellung und Umsetzung des Gewaltschutzkonzeptes wurden gerügt. 2024 wurden schließlich in 29 Fällen entsprechende Zwangsgelder und in drei Fällen sogar ein Aufnahmestopp für die betroffenen Einrichtungen verhängt.

Susanne Schaper: „Wir vertrauen Sachsens Pflegekräften. Dennoch sind Fehler und Mängel leider nicht auszuschließen, zumal Personalmangel und Kostendruck die Arbeit erschweren. Nur wenn sie entdeckt werden, lässt sich daraus lernen.“ Sie hält ein funktionierendes Qualitätsmanagement für wichtig, damit die Pflegebedürftigen bestmöglich versorgt werden und das Personal gute Bedingungen vorfindet. Die Pflegebedürftigen hätten schließlich das Recht, vor Mängeln geschützt zu werden, zumal sie inzwischen horrende Eigenanteile bezahlen müssten.

Trotz hoher Heimkosten müssen Einrichtungen schließen

Tatsächlich hat sich der Kostendruck für die Bewohner von Pflegeeinrichtungen in der Vergangenheit enorm erhöht. Laut dem Barmer-Pflegereport für Sachsen lag Anfang 2025 die Eigenbeteiligung für Pflegeheime hierzulande bereits bei knapp 3.000 Euro im Monat. Seit 2018 hätte sich dieser Betrag damit mehr als verdoppelt.

Aber auch immer mehr Pflegeheime und -dienste selbst geraten mittlerweile in finanzielle Nöte. So wurden seit Anfang vergangenen Jahres deutschlandweit bei über 1.200 Einrichtungen Insolvenzen oder Schließungen bekannt. In Sachsen haben nach Angaben des Kommunalen Sozialverbandes in den vergangenen zehn Jahren rund 160 Einrichtungen die Einstellung ihres Betriebes angezeigt.