Betroffenheit in der Region über Ukraine-Konflikt

Betroffenheit in der Region über Ukraine-Konflikt

Die Stadt Delitzsch fühle mit der Ukraine, sagte Oberbürgermeister Manfred Wilde (parteilos) am Donnerstagabend im Stadtrat. Angesichts der Autokolonnen müsse man solidarisch mit den Menschen sein und sich auch auf Aufnahme vorbereiten, erklärte Wilde in Anbetracht der eingetretenen Fluchtbewegungen. Delitzsch hat gute Verbindungen in das Land: Mit der 14 000-Einwohner-Stadt Schowkwa in der Westukraine verbindet Delitzsch eine Energiepartnerschaft, die hauptsächlich durch den Wissensfluss aus Deutschland in die Ukraine geprägt ist.

Auf seinem Facebook-Kanal postet Oleg Volskyi, der seit Ende 2020 Bürgermeister von Schowkwa ist, regelmäßige Updates aus der Stadt. Unter anderem teilte er seinen Einwohnern mit, wo sie Schutzräume finden und wie die Stadt die Grundversorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten sicherstellen will. Zudem hat er eine Patrouille zusammengestellt, die Plündern in der Stadt verhindern soll.

Eilenburgs Oberbürgermeister Ralf Scheler (parteilos) äußerte sich ebenfalls zu den Entwicklungen: „Krieg und Gewaltanwendung lehne ich grundsätzlich ab“, sagte er am Freitag. „Für Konflikte ist aber niemals einer allein verantwortlich, sondern es sind erfahrungsgemäß mehrere Parteien beteiligt.“ Scheler kritisiert in diesem Zusammenhang die Berichterstattung. „In den Medien wird nur eine Richtung eingeschlagen: Putin ist der Verbrecher, der Kriegstreiber.“ Natürlich sei der Präsident der Russischen Föderation kein lupenreiner Demokrat und habe „es faustdick hinter den Ohren“. Gleiches gelte aber auch für die USA. „Hätte Putin die Krim nicht eingenommen, würden dort heute die Amerikaner sitzen“, ist Scheler überzeugt.

Andere nordsächsische Politiker reagieren mit tiefer Betroffenheit: „Es tut mir in der Seele weh, diese ebenso unnötige wie unsinnige Eskalation durch Russland zu sehen“, sagt etwa Michael Friedrich, Vorsitzender der Linken im Kreistag. „Fünf Jahre lang habe ich in Rostow am Don Mathematik studiert, nur etwa 100 Kilometer vom heutigen Konfliktgebiet entfernt“, sagt der Löbnitzer. Die Gastfreundschaft, die Warmherzigkeit und die Offenheit der Menschen dort sei ihm ans Herz gewachsen. Heute aber stehen in dieser Millionenstadt russische Soldaten und Panzer – bereit, jederzeit zuzuschlagen. Ein böser Zufall oder eine bewusste Provokation reichen aus, um einen schlimmen Krieg zu entfachen, der kaum auf Donezk und Luhansk beschränkt bleiben würde.

In Bad Düben leben rund 280 Menschen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken. Bürgermeisterin Astrid Münster (FWG) hat sich auch mit Blick darauf an die Kurstädter gewandt: „Ich möchte nach dem ersten Schock daran erinnern, dass wir in Bad Düben eine große Community von Bad Dübenern haben, deren ursprüngliche Heimat die verschiedenen Regionen aus der ehemaligen Sowjetunion ist. Diese bereichern seit teilweise über 25 Jahren unsere Stadtgemeinschaft in ganz besonderem Maße. Wir sind stolz und glücklich, dass wir uns alle zusammengerauft haben über die Jahre, dass Sie unsere Stadt vielfältiger und bunter gemacht haben – bei allen Problemen, die es auch gab. Unsere Gedanken sind bei Ihnen und Ihren Familien in Ihren ursprünglichen Heimaten und in Bad Düben. Es sind eben Russen, Ukrainer, Kasachen, Georgier und und und ... – und es sind Bad Dübener! Ein ehemaliger Russe ist nicht Russland, ein ehemaliger Ukrainer ist nicht die Ukraine, aber beide sind Bad Dübener!“

Auch Kirchgemeinden in der Region reagieren auf die aktuelle Lage. Am Freitagabend versammelten sich die Menschen in den Kirchen Eilenburg, Bad Düben, Zschortau und Torgau, um für den Frieden in der Ukraine, in Europa und der Welt zu beten. Friedensgebete sollen vielerorts jetzt jeden Freitag um 18 Uhr stattfinden.