Die meisten Ost-Rentner haben weniger als 1200 Euro

Torgauer Zeitung

Selbst nach 40 Jahren Arbeit bleibt im Rentenalter oft nicht viel. In Sachsen sind 371 000 Menschen betroffen. Immer mehr gehen jobben.

Leipzig. Mehr als 40 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt und trotzdem weniger als 1200 Euro Rente. Im Osten betrifft das rund 1,13 Millionen Senioren. Das ist mehr als jeder Zweite. Selbst bei 45 Beitragsjahren muss noch jeder Dritte mit dieser Summe auskommen. Das geht aus einer Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) auf eine Anfrage von Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hervor.

Aufgeschlüsselt auf die neuen Bundesländer bedeutet es, dass rund 371 000 Menschen in Sachsen, die regelmäßig gezahlt und das Rentenalter erreicht haben, nun mit weniger als 1200 Euro Netto-Rente leben müssen. In Thüringen betrifft das 197 000 Rentnerinnen und Rentner. In Sachsen-Anhalt ist die Lage mit 203 000 Rentnerinnen und Rentnern nicht anders. „Ostdeutschland wird immer mehr zum Mini-Renten-Land“, kritisiert der Leipziger Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann (Linke). Für ihn sind die von der Bundesregierung genannten Zahlen Ergebnis jahrzehntelang fehlgeleiteter Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik. Lebensleistung müsse sich in der gesetzlichen Rente deutlich mehr lohnen. „Die Zahlen belegen, dass die Grundrente im Kampf gegen Altersarmut völlig unzureichend ist“, so Pellmann. Die Ampel sollte deshalb eine neue Haltelinie einziehen. Niemand dürfe mit 40 Versicherungsjahren unter 1200 Euro Rente fallen.

„Wer sein Leben lang gearbeitet hat, der muss im Alter auch gut von der Rente leben können“, fordert der sächsische DGB-Vorsitzende Markus Schlimbach. Es müsse alles dafür getan werden, dass mehr Beschäftigte unter den Schutz von Tarifverträgen fallen und anständige Löhne bekommen. Denn mit Niedriglohn folge unmittelbar die Armutsrente. „In Sachsen haben wir als bundesweites Schlusslicht bei der Tarifbindung besonderen Nachholbedarf“, mahnt Schlimbach.

Auch die Präsidentin des Verbandes der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Sozialrentner (VdK), Verena Bentele, erklärt: „Ja, wir brauchen sofort einen Neustart in der Rente.“ Sie fordert, auch Beamte, Selbstständige und Politiker müssten künftig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Außerdem brauche man einen Mindestlohn von mindestens 13 Euro.

Mittlerweile arbeiten immer mehr Menschen im Rentenalter einfach weiter. Laut Bundesagentur für Arbeit allein in Sachsen 57 000 Seniorinnen und Senioren. Fast 11 000 davon sozialversicherungspflichtig. Zum Vergleich: 2012 waren es noch 4600. „Langfristig hat sich die Zahl der beschäftigten Senioren in Sachsen mehr als verdoppelt“, konstatiert die Bundesagentur. Zu den häufigsten Jobs für Voll- oder Teilzeit gehören das Gesundheits- und Sozialwesen, das verarbeitende Gewerbe sowie Verkehr und Lagerei. Weitere 46 000 Menschen arbeiten als Minijobber, vor allem im Handel, bei der Reparatur von KFZ oder im verarbeitenden Gewerbe.

Für das Jahr 2022 war ursprünglich eine Rentenerhöhung von 5,9 Prozent im Osten und 5,2 Prozent im Westen prognostiziert worden. Inzwischen liegen die Erwartungen allerdings darunter.