Flughafen AG braucht Finanzspritze – das ist für Sachsen politisch heikel
Sachsen und Sachsen-Anhalt müssen die Flughäfen in Leipzig und Dresden mit 100 Millionen Euro stützen. Das sorgt nicht nur in der Landespolitik für Ärger. Es schürt auch den Konflikt mit Magdeburg.
Die Mitteldeutsche Flughafen AG (MFAG) kommt in diesen Tagen nicht aus den Schlagzeilen heraus: Die beiden größten Anteilseigner Sachsen und Sachsen-Anhalt müssen nun mit einem Millionen Euro schweren Paket den Betrieb stützen. Das sorgt auch in der Landespolitik für Aufsehen – und schürt den Konflikt mit Sachsen-Anhalt. Die LVZ beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.
▶ Warum ist die Mitteldeutsche Flughafen AG in der Krise?
Der Unterhalt der Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden ist seit Jahren ein Verlustgeschäft. Das Passagiergeschäft hat sich nach dem Corona-Einbruch zwar wieder gefangen. Der Frachtverkehr rund um die Deutsche-Post-Tochter DHL entwickelt sich erfreulich. Die MFAG erwirtschaftete zuletzt einen Umsatz von 171,1 Millionen Euro. Dennoch standen am Ende Fehlbeträge von 22,4 Millionen Euro in Leipzig und 17,2 Millionen Euro in Dresden.
Das liegt an Infrastrukturmaßnahmen, die jetzt notwendig werden. Beide Flughäfen wurden über Jahre kaum saniert und nicht ausreichend instandgesetzt. Es fehlte – wegen der mangelnden Einnahmen – am Geld dafür, auch die Anteilseigner um die Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt gaben über Jahre nicht die notwendigen Mittel.
Damit die Sanierung und die beschlossene Flughafenerweiterung am Airport Leipzig/Halle aber vonstattengehen kann, braucht es jetzt rasch frisches Geld. Von den Banken wird es nur neue Kredite geben, wenn die Anteilseigner sich wieder stärker engagieren. Sachsen und Sachsen-Anhalt sollen deswegen 100 Millionen Euro aus ihren Landeshaushalten bereitstellen: 81,3 Millionen Euro von Sachsen, 18,7 Millionen Euro von Sachsen-Anhalt. 33,4 Millionen Euro sollen durch weitere Bankkredite gesichert werden. 11,6 Millionen Euro wird die Flughafen AG einsparen beziehungsweise durch Mehreinnahmen absichern.
Insgesamt soll bis Ende 2026 eine Liquiditätslücke von 145 Millionen Euro geschlossen werden. Ohne dieses Geld wäre der Flughafen in der Existenz bedroht.
▶ Warum ist das politisch heikel?
Der Freistaat Sachsen hat aktuell Geldprobleme. Die Steuereinnahmen fallen niedriger aus als geschätzt. Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) hat erst vergangene Woche angekündigt, dass alle Ministerien ab sofort 265 Millionen Euro sparen müssen. Dass in diese Zeit nun die Nachricht platzt, dass Sachsen mehr als 81 Millionen Euro für die Flughafen-Rettung benötigt, stößt einigen sauer auf. Zumal sich Finanzminister Vorjohann bei anderen Hilfspaketen – beispielsweise für die Wein- und Obstbauern – hartleibig gegeben hat. Zuletzt scheiterten auch die Gespräche über eine bessere Finanzierung der Kommunen am Minister.
„Unglücklich“ nennt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Franziska Schubert deswegen die Situation rund um die Flughäfen. Sie habe „große Bauchschmerzen“, dass so viel Geld für die nächsten Haushaltsjahre gebunden werde: „Vielleicht sollte man hier mehr Markt und weniger Staat wagen, damit geht ja die CDU auch gerne hausieren.“
Auch dem SPD-Fraktionschef Dirk Panter ist sein Unmut anzuhören: Eine Diskussion über die zukünftige Aufstellung des Flughafens „ist jetzt nur schwer möglich“, sagt er. „Insofern hätte ich mir vom Finanzminister mehr Fingerspitzengefühl gewünscht. Aber natürlich kann man nicht riskieren, dass der Flughafen Leipzig insolvent geht.“
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) lässt eine Diskussion über die Flughäfen sowieso nicht aufkommen: „Wir wissen, was wir gerade an Leipzig haben, diese Interkontinental-Rollbahn, diese großen Ansiedlungen ringsherum“, sagt er. „Und das Gleiche gilt übrigens auch für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Dresden. Diese beiden Flughäfen sind wichtig. Sie sind eine wichtige verkehrliche Infrastruktur und brauchen deswegen auch die Unterstützung.“
▶ Wieso betont Kretschmer so die Bedeutung vom Flughafen Dresden?
Der Standort Dresden ist das Sorgenkind der Mitteldeutschen Flughafen AG – und zwar seit Jahren. Viele Flugzeuge landen dort nicht mehr. Das riesige Terminal ist oft menschenleer, muss aber unterhalten werden. Spekulationen, eine Schließung des Dresdner Flughafens wäre für die MFAG und den Freistaat Sachsen besser, kommen immer wieder auf. Auf der anderen Seite benötigt die Elbe Flugzeugwerke GmbH mit fast 1900 Mitarbeitern und über 240 Millionen Euro Umsatz im Jahr die Landebahn. Das Unternehmen ist weltweit unter anderem ein führender Umrüster von Passagier- in Frachtmaschinen.
Dieses Szenario wird aber ausgeschlossen. Zum einen benötigt Dresden den Flughafen für die anstehenden Wirtschaftsansiedlungen. Der Halbleiter-Gigant TSMC wird in der Landeshauptstadt ein neues Werk bauen und seine Mitarbeiter nicht in Prag oder Berlin landen lassen. Auch für die Logistik wäre der Flughafen unverzichtbar.
Zum anderen setzen die Wirtschaftsentwickler darauf, dass sich rund um den Flughafen im Dresdner Norden weitere Unternehmen ansiedeln. Auch der Airport könnte einen Teil seiner Flächen dafür zur Verfügung stellen. Das wäre immerhin eine Perspektive, um den lahmenden Airport zu beleben.
▶ Warum könnte trotz allem Sachsen-Anhalt zum Problem werden?
Nicht nur in Leipzig, sondern auch in Dresden hat man den Eindruck, dass Sachsen-Anhalt seit geraumer Zeit mit seinem Engagement in der Mitteldeutschen Flughafen AG fremdelt. Der Weg von der Landeshauptstadt Magdeburg nach Leipzig/Halle ist weit – was wenig zu einem innigen Verhältnis des Anteilseigners beiträgt. In Sachsen spürt man zudem, dass Sachsen-Anhalt nicht unbedingt gewillt ist, den schwächelnden Flughafen in Dresden zu stützen. Frei nach dem Motto: Was habe Sachsen-Anhalt mit Dresden zu schaffen, das nahe der tschechischen Grenze liege?
In einer gemeinsamen Erklärung der beiden Ministerpräsidenten zur Mitteldeutschen Flughafen AG, die das Engagement der beiden Bundesländer unterstreichen soll, scheint dieser Konflikt durch. Da wird vor allem die Verantwortung Sachsens unterstrichen.
„Der Flughafen Dresden hat für den Freistaat Sachsen und die Region neben der Verkehrsfunktion eine volkswirtschaftliche Bedeutung als Entwicklungskern“, heißt es darin. „Vor diesem Hintergrund wird der Freistaat Sachsen entsprechende Möglichkeiten prüfen, um auch eine zukunftsfähige und nachhaltige Entwicklung des Flughafens Dresden durch weitere Maßnahmen zu unterstützen.“ Von Sachsen-Anhalt ist in diesen Sätzen keine Rede.
In Sachsen blickt man mit Spannung darauf, wie groß der Konflikt mit Sachsen-Anhalt noch wird.