Friedensfähig statt kriegstüchtig werden!

Dr. Michael Friedrich

Zu dem gigantischen Aufrüstungsprogramm in faktisch unbeschränkter Höhe und dem Infrastruktur-Sondervermögen, die beide heute im Bundestag mit verfassungsändernder Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden sollen, sagt Dr. Michael Friedrich, Vorsitzender der LINKEN im Kreistag:

Das Infrastruktur- und Klimaschutzpaket in Höhe von 500 Mrd. Euro ist ganz sicher sinnvoll, absolut notwendig und selbst in dieser beachtlichen Höhe angemessen, wenn ich an den sehr erheblichen Nachholbedarf in praktisch allen Daseinsbereichen im Bund, in den Ländern aber vor allem in den Kommunen denke. Allerdings hätte dieses Paket bereits im alten Bundestag ohne Hektik mit gründlicher Beratung und mit einer Anpassung der Schuldenbremse längst beschlossen werden können.

Das gigantische Aufrüstungsprogramm mit faktisch unbegrenzter Schuldenhöhe wird die LINKE dagegen ablehnen. Wir halten es mit Blick auf kommende Generationen für unverantwortlich, dass CDU/CSU, SPD und nun auch die Grünen so tun, als stünde Russland demnächst vor dem Brandenburger Tor. Dabei handelt des sich um einen knallharten Erpressungsversuch von US-Präsident Trump, eine drastische Erhöhung der Verteidigungsausgaben aller NATO-Staaten von gegenwärtig 2% auf 4 oder gar 5 % des Bruttoinlandprodukts zu erzwingen.

Es bleibt unverständlich, wieso die amtierende Bundesregierung, aber auch viele andere europäische Länder diesem unverschämten Erpressungsversuch ohne auch nur den geringsten Widerstand und ohne diplomatische Bemühungen so eilfertig und willfährig nachgeben wollen. Ohne Rücksicht auf Soziales, auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt und auf die Umwelt sollen wahrhaft riesige Ressourcen in der Größenordnung gleich mehrerer Bundeshaushalte über Jahrzehnte hinweg für die Erlangung einer realen „Kriegstüchtigkeit“ (Pistorius) verschleudert werden. Wir dagegen sprechen uns sehr klar für mehr Diplomatie, für eine schnelle Beendigung des Aggressionskriegs Russlands gegen die Ukraine, für eine zukünftige europäische Friedensordnung unter Einbeziehung Russlands und die Wiedererlangung von Friedensfähigkeit aus!

Es ist schlimm genug, dass sich SPD und Grüne vom obersten Umfaller und Wählertäuscher Merz über diverse Wahlgeschenke haben einkaufen lassen und dieses üble Spiel im morgigen Bundestag mit den alten Mehrheiten mit einer Änderung des Grundgesetzes besiegeln wollen. Dies ist zwar rechtlich möglich, aber aus Demokratiegründen äußerst zweifelhaft, ja gegenüber den neu gewählten Mehrheiten unanständig. Sahra Wagenknecht hat nun an ihre ehemalige Partei appelliert, diesen Plan mit einer schnellen Einberufung des neuen Bundestags zu durchkreuzen. Das klingt im ersten Moment toll, ist aber bei genauerem Hinsehen unseriös und hochgradig populistisch. Die BSW-Chefin sollte doch wissen oder sich entsprechend beraten lassen, dass das Minderheitenrecht von einem Drittel der Abgeordneten nach einer sofortigen Einberufung des Bundestags erst nach dessen Konstituierung auflebt. Diese ist bekanntlich für den 25. März 25 vorgesehen.

Politisch viel bedenklicher aber ist ihr untauglicher Versuch, die LINKE sehenden Auges zu einem indirekten Zusammenwirken mit der zumindest in Teilen rechtsextremen AfD zu treiben. Das hehre Ziel; das Aufrüstungsprogramm doch noch zu verhindern und den unberechenbaren Kanzler Merz auszubremsen, kann mit Verfahrenstricks nicht erreicht werden. Der gute Zweck heiligt eben nicht jedes Mittel. Von dem entstehenden Chaos und eventuellen Neuwahlen würde absehbar nur die AfD profitieren. Deren oberstes Ziel aber es ist, Unruhe und Verwirrung zu stiften sowie die demokratischen Institutionen zu delegitimieren.