Generelle Öffentlichkeit verhindert Intransparenz und Misstrauen

Dr. Michael Friedrich

Im Windschatten der Haushaltsprobleme vollzieht der Kreistag eine politisch brisante Kehrtwende in der Geschäftsordnung. Waren bisher die Sitzungen der drei beratenden Ausschüsse (für Schule und Kultur, Finanzen, Umwelt und Technik) in der Regel öffentlich, so sollen diese nunmehr generell nichtöffentlich sein. Gleiches soll auch für solche Sitzungen der vier beschließenden Ausschüsse (Kreis-, Vergabe-, Jugendhilfe und Gesundheits- und Sozialausschuss) gelten, falls dort ein Verhandlungsgegenstand noch nicht endgültig entschieden, sondern nur vorberaten wird.

Im Windschatten der Haushaltsprobleme vollzieht der Kreistag eine politisch brisante Kehrtwende in der Geschäftsordnung. Waren bisher die Sitzungen der drei beratenden Ausschüsse (für Schule und Kultur, Finanzen, Umwelt und Technik) in der Regel öffentlich, so sollen diese nunmehr generell nichtöffentlich sein. Gleiches soll auch für solche Sitzungen der vier beschließenden Ausschüsse (Kreis-, Vergabe-, Jugendhilfe und Gesundheits- und Sozialausschuss) gelten, falls dort ein Verhandlungsgegenstand noch nicht endgültig entschieden, sondern nur vorberaten wird. Die Befürworter dieser Änderung argumentieren mit den einschlägigen Bestimmungen in den §§ 37 Abs. 5 und 39 Abs. 2 der Sächsischen Landkreisordnung, die tatsächlich in den genannten Fällen den Ausschluss der Öffentlichkeit vorschreiben.

Solch eine rein rechtspositivistische Argumentation ist unpolitisch. Vor allem aber ist sie hasenfüßig. Selbstverständlich kann auch die Landkreisordnung geändert werden. Meine Fraktion hatte eine derartige Initiative im Sächsischen Landtag im Jahr 2001 gestartet. Dabei wurden wir gerade von der SPD massiv unterstützt, die jetzt genau das Gegenteil will. Wenn wir seit Jahren einen angeblich gravierenden Rechtsverstoß mit unserer Regelung zur Öffentlichkeit der Ausschüsse begehen, warum hat dann noch nicht die Kommunalaufsicht interveniert, die unsere Satzungen kennt?

Hat etwa die bisherige Praxis die Kreisräte auch nur im Geringsten daran gehindert, mit der erforderlichen Klarheit Probleme anzusprechen  und Argumente auszutauschen? Ganz bestimmt nicht. Im Gegenteil, das bewusste Zulassen der Presse und generell der Öffentlichkeit gerade im Vorfeld von „unbequemen“ Entscheidungen wie etwa Änderungen von Gebührensatzungen oder jetzt der Haushaltskonsolidierung hat dazu geführt, bei der Bevölkerung ein Mindestmaß an Verständnis für die Problemlage und die konkreten Sachzwänge des Landkreises zu erzeugen. Jeder Interessierte konnte bisher das Entstehen von Beschlüssen rational  nachvollziehen. Wenn diese Transparenz jetzt entscheidend gekappt wird und die Medien nebst den interessierten Bürgerinnen und Bürger nur noch auf die beschließenden Ausschüsse oder den Kreistag selbst verwiesen werden, wo es nach erfolgter Vorberatung natürlich keine nochmalige umfassende Abwägung der Pro- und Kontra-Standpunkte mehr geben wird, mindert dies die Transparenz unserer ehrenamtlichen Arbeit. Dies schadet der kommunalen Demokratie und verstärkt die Politikverdrossenheit.

Der Kreistag mit seinen Ausschüssen ist kein Bestandteil der Legislative, sondern ein Teil der Verwaltung. Inwiefern aber ist es im 21. Jahrhundert noch angemessen geschweige denn zeitgemäß, an dem antiquierten „Amtsgeheimnis“ aus Wilhelminischen Zeiten festzuhalten? Sollten nicht vielmehr alle interessierten Bürgerinnen und Bürger einen anlass- und begründungsfreien Zugang zu allen Akten und sonstigen Informationen haben, die in den Verwaltungen vorhanden sind? Dies natürlich mit Ausnahme der Personen-, Steuer-, Wirtschafts- und Finanzdaten, deren Geheimhaltung aus guten Gründen gesetzlich vorgeschrieben ist.  Derartige Informationsfreiheitsgesetze gibt es seit Jahrzehnten in den USA, in Kanada, in den skandinavischen Ländern, auch in Brandenburg, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz. Warum nicht auch in Sachsen? Eine entsprechende Gesetzesinitiative meiner Landtagsfraktion aus dem Jahr 2005 wurde von der CDU/SPD-Koalition abgeschmettert.

Wir sollten viel mehr Mut aufbringen, dem Politikinteresse und dem Urteilsvermögen der mündigen Bürgerinnen und Bürgern zu vertrauen!