Kampf gegen Lehrermangel – Sachsen startet Werbekampagne
Abiturientinnen und Abiturienten sollen ganz gezielt angesprochen werden. Denn in den Klassenzimmern gibt es ein eklatantes Nachwuchsproblem.
Dresden. Tiktok, Instagram, Youtube: Sachsen geht im Kampf gegen den Lehrermangel neue Wege. Mit einer Werbekampagne sollen Abiturientinnen und Abiturienten für den Beruf interessiert werden – und genau dort abgeholt werden, wo sie sich in ihren Online-Communitys wohl fühlen. „Wir müssen an die jungen Leute ran, eine positive Grundstimmung erzeugen“, sagte Kultusminister Christian Piwarz (CDU) zum Kampagnenstart am Donnerstag in Dresden.
Deshalb seien unter anderem Videospots „in Jugendsprache übersetzt“ worden. Zugleich werben Lehrerinnen und Lehrer in Filmen und auf Plakaten, um Nachwuchs in die sächsischen Klassenzimmer zu bekommen. „Wir hoffen sehr, das es verfängt“, gesteht Piwarz.
Werbekampagne kostet pro Jahr 400 000 Euro
Der Freistaat lässt sich die aufwendige Kampagne in diesem und im nächsten Jahr immerhin 400 000 Euro kosten. Dafür werden auch Schulbusse mit entsprechender Werbung übers Land fahren, genauso soll in großflächig mit Plakaten und allen 1400 Schulen mit Postern geworben werden. Unter www.lehrer-werden-in-sachsen.de klärt seit Donnerstag zudem ein neues Online-Portal auf. Bislang studieren 18 Prozent der sächsischen Abiturientinnen und Abiturienten auf Lehramt. Bundesweit sind es rund 10 Prozent. „Wir wollen und müssen unsere Quote halten“, macht Piwarz klar.
Tatsächlich hat der Freistaat nicht erst seit Kurzem ein Nachwuchsproblem in den Schulen, sondern mindestens seit zehn Jahren, räumt der Kultusminister ein. Wie bereits zum Schuljahresbeginn konnten auch zum letzten Halbjahr nicht alle freien Lehrerstellen in Sachsen besetzt werden.
Von den geplanten 800 Einstellungen sind nur 719 umgesetzt worden, was einer Lücke von zehn Prozent entspricht. Davon sind 564 ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, 16 pädagogische Fachkräfte sowie 139 Seiteneinsteiger, deren Quote damit knapp 20 Prozent beträgt. Während in Leipzig zum 1. Februar sogar über die eigentliche Planung hinaus eingestellt werden konnte und auch Dresden nahezu keine Probleme bei der Stellenbesetzung hatte, klaffen in allen anderen Regionen erhebliche Lücken.
Doch das ist nicht das einzige Problem: Die beiden Corona-Jahre haben die Mängel in den Schulen offengelegt, aktuell gibt es aufgrund von Engpässen und Corona-Quarantänen auch überdurchschnittlich viele Stundenausfälle. Piwarz hofft, dass sich Schülerinnen und Schüler trotz der Schwierigkeiten nicht davon abhalten lassen, auf Lehramt zu studieren. „Mit der Werbekampagne wollen wir ja auch diese Probleme beheben. Wir haben kein Geld- und auch kein Stellenproblem – sondern ein Köpfe-Problem“, erklärt der Kultusminister.
Dabei könnte sich der Lehrermangel schon bald sogar noch verschärfen: In den nächsten fünf Jahren gehen jeweils rund 1500 Pädagoginnen und Pädagogen in den Ruhestand – schon allein für sie muss Ersatz gefunden werden. Das ist etwa jede vierte Lehrkraft. Darüber hinaus gehen Prognosen des Statistischen Landesamtes von einem deutlichen Anstieg der Schülerzahlen aus: Damit müssten auch erheblich mehr Lehrkräfte eingestellt werden.
Allerdings fehlen heute bereits Hunderte Lehrerinnen und Lehrer: Zum Jahreswechsel waren es 226 in Grundschulen, 383 in Oberschulen und 129 in Gymnasien. Aufgrund des Schüleranstieges beläuft sich der Mehrbedarf auf mindestens 2500 Lehrerstellen in den nächsten sieben Jahren. Auch das Kultusministerium hält erhebliche Aufstockungen für notwendig: Laut Berechnungen aus dem vergangenen Jahr müsste die benötigte Stellenzahl von 30 740 auf bis zu 33 850 steigen.
SPD fordert grundlegenden Kurswechsel in der Bildung
Dass die Werbekampagne der richtige Weg ist, aus dem Dilemma zu kommen, wird sowohl innerhalb der Regierungskoalition als auch aus der Opposition bezweifelt. Die SPD-Bildungsexpertin Sabine Friedel bezeichnet die Aktion als „sicherlich gut gemeint“, fordert aber: „Ohne einen strukturellen und inhaltlichen Kurswechsel wird Sachsen seine Bildungsqualität verlieren. Dann werden die Bildungserfolge vom Zufall bestimmt und nicht von pädagogischen Leitlinien, denn dann wird ungesteuerter Unterrichtsausfall die lehrplangesteuerte Stundentafel ersetzen.“
Ähnlich äußert sich Luise Neuhaus-Wartenberg, die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion. Sie begrüße zwar alle Bemühungen, mehr junge Menschen für das Lehramt zu begeistern – bezweifle aber, „dass uns diese Werbekampagne helfen wird, wenn die Praxis weiterhin andere Eindrücke bereithält“. Das Kultusministerium und das Landesamt für Schule und Bildung müssten das Studium sowie den Umgang mit den Interessierten attraktiver machen.
Wir hoffen, dass Sie das vergangene Jahr gut überstanden haben und mit Zuversicht im Neuen ankommen konnten. Das bleibt eine Herausforderung, der wir uns alle stellen dürfen.
Aber: Es war nicht alles schlecht und es wird nicht alles schlecht. Dafür setzen wir uns als LINKE weiter ein. Wir wünschen uns und Ihnen ein soziales, friedliches, gerechtes und nachhaltiges Miteinander in Nordsachsen.
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