Kreis zahlt Unterhalt für 2886 Kinder: Belastung für Nordsachsens Kasse / Weitere Kreistagsthemen: Abfallgebühren und Rettungsdienst

LVZ, Delitzsch-Eilenburg

Nordsachsen. Die Unterhaltszahlungen für Kinder kommen den Landkreis Nordsachsen teuer zu stehen. Jens Kabisch, zweiter Beigeordneter des Landrates und zuständig für Nordsachsens Finanzen, zog nun im Kreistag eine Bilanz zum Unterhaltsvorschussgesetz. Tenor: Nordsachsen muss seit 2017 für mehr Kinder zahlen und mehr Geld ausgeben. Weitere Themen im Kreistag waren am Mittwochabend die Müllgebühren und der Rettungsdienst.

Zahlt der Vater, oder seltener die Mutter, nach der Trennung von der Partnerin beziehungsweise dem Partner für das gemeinsame Kind keinen Unterhalt, dann springt der Landkreis ein, zahlt – und holt sich das Geld im Idealfall später vom eigentlich zahlungspflichtigen Elternteil zurück. Das ist schon lange so, doch das entsprechende Gesetz wurde 2017 geändert. Das Höchstalter für berechtigte Kinder wurde beispielsweise von 12 auf 18 Jahre angehoben, die maximale Bezugsdauer von bis dahin 72 Monaten ersatzlos gestrichen und bei Mittellosigkeit des zahlungspflichtigen Elternteils ruht die Verfolgung von Rückzahlungsansprüchen seitens der Behörden.

Für den Landkreis bedeutet dies vor allem mehr berechtigte Kinder und damit mehr Ausgaben. Zwar wird ein Großteil der Kosten letztlich vom Bund (40 Prozent) und vom Freistaat (30 Prozent) getragen, dennoch entstehen auch für den Kreis erhebliche Kosten. „Die Leistungsausweitung führt zu höherem Liquiditätsabfluss“, so Kabisch. Und so entstehe ein höherer Bedarf an Kassenkrediten.

Konkret hat sich die Zahl der Kinder, für die der Kreis zahlt, seit 2017 etwa verdoppelt (siehe Tabelle). Gut 7,6 Millionen Euro wurden im Jahr 2018 gezahlt – davon erstattete der Bund etwa 3 Millionen, der Freistaat 2,3 Millionen Euro. Für dieses Jahr rechnet die Kreisverwaltung mit Ausgaben in Höhe von 7,1 Millionen Euro.

Beim zahlungspflichtigen Elternteil zurückholen kann sich der Kreis das Geld nur selten. Eine Quote von 20 Prozent gilt als Zielmarke, erläuterte Kabisch. Und lag die Quote noch 2016 tatsächlich bei 20,1 Prozent, so fiel sie bis 2018 auf 8,2 Prozent. Die Prognose für 2019 lautet 8,7 Prozent. Im Regelfall scheitern die Forderungen daran, dass der Betroffene schlicht kein Geld hat. Die Einkommen in unserer Region seien nun einmal niedriger als in südlicheren Bundesländern, sprang Sozialdezernentin Heike Schmitt ihrem Kollegen Kabisch bei. In Bayern, da sei die 20-Prozent-Rückholquote meist kein Problem.

Es gehe um menschliche Schicksale, betonte Landrat Kai Emanuel. Aber Fakt sei nun einmal, dass der ohnehin klamme Landkreis hohe Kosten tragen muss. Derzeit setzt die Kreisverwaltung ihre Hoffnung darauf, dass der Anteil des Bundes an der Erstattung erhöht wird – was dann laut Kabisch zu den Kernfragen führt: Inwieweit reduziert sich daraufhin der Anteil, den die kommunalen Aufgabenträger leisten? Reduziert er sich überhaupt? Zudem verwies Kabisch darauf, dass eine Änderung des Sächsischen Vollstreckungsgesetzes angestrebt wird – dies könnte die Rückholung der Gelder erleichtern. Und vielleicht auch Wirkung bei verantwortungslosen Vätern erzeugen. Oder, wie es ein Kreisrat formulierte: „Mehr Druck, weniger Verkehr.“

Schwerpunkt im Kreistag war zudem der Rettungsdienst im Landkreis. Hier sorgen seit langem die sogenannten Hilfsfristen für Aufregung. Zwischen dem Eingang des Notrufes und dem Eintreffen der ersten Helfer am Ort des Geschehens sollten nicht mehr als zwölf Minuten vergehen. Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass die Fristen in 95 Prozent der Fälle eingehalten werden. Im Landkreis liegt die Quote derzeit bei 73 Prozent (Durchschnitt der Monate Januar bis Oktober 2019). Da das Defizit nicht neu ist, hatte die Kreisverwaltung schon vor etwa einem Jahr ein Gutachten in Auftrag gegeben. Im Ergebnis sind nun mehrere Maßnahmen geplant. So soll beispielsweise in den Rettungswachen in Zwochau und Trossin eine Ausweitung von 12- auf 24-Stunden-Betrieb erfolgen. Und in Delitzsch und in Torgau soll jeweils ein weiterer Rettungswagen stationiert werden.

Wie kompliziert die Sache mit der Hilfsfrist ist, zeigt dabei das Beispiel des Rettungswachenbereichs Eilenburg. Dort ist die Quote der Hilfsfrist-Erfüllung mit 58 Prozent nämlich besonders niedrig. Das bedeutet aber nicht, dass kranke oder verletzte Eilenburger länger auf den Rettungswagen warten müssen als zum Beispiel Delitzscher oder Oschatzer. Die Zahl bezieht sich vielmehr auf Einsätze der in diesem Bereich stationierten Retter. Und die wiederum sind länger unterwegs, weil zum Beispiel allein der Rettungswagen der zum Bereich Eilenburg zählenden Krostitzer Rettungswache rund 70 Prozent seiner Einsätze außerhalb seines eigentlichen Einzugsgebietes absolviert, meist in Delitzsch. Dadurch werden die Anfahrtswege länger. So soll der neue Rettungswagen für Delitzsch also die Rettungswache in Krostitz entlasten!

Bei den Kreisräten stießen die Maßnahmen auf ein positives Echo. Es sei ein Schritt in die richtige Richtung, erklärte SPD-Fraktionschef Heiko Wittig. Ob sie greifen, werde man sehen. Sollte dies nicht der Fall sein, „müssen wir über Schritte die Leitstelle betreffend nachdenken“. Ähnlich äußerte sich CDU-Fraktionschef Rayk Bergner. Hintergrund ist, dass 2016 die nur für Nordsachsen zuständige Leitstelle abgeschafft wurde und deren Aufgaben seither von der Integrierten Rettungsleitstelle Leipzig miterledigt werden. In der Folge war die Erfüllungsquote für die Hilfsfristen drastisch gesunken.

Übrigens: Durchschnittlich rücken die Rettungswagen und Notarzteinsatzfahrzeuge im Landkreis Nordsachsen 2850 Mal im Monat zum Einsatz aus. Und im Landkreis gibt es insgesamt 15 Rettungswachen – in Bad Düben, Beilrode, Belgern, Delitzsch, Eilenburg, Krostitz, Mockrehna, Oschatz, Schkeuditz, Schmannewitz, Taucha, Torgau, Trossin, Wermsdorf und Zwochau.

Von den Kreisräten abgesegnet wurden die neuen Gebührensatzungen für die Altkreise Delitzsch und Torgau-Oschatz (siehe Tabellen). Konkret bedeutet dies in der Region Torgau-Oschatz leicht sinkende Preise.

Im Altkreis Delitzsch bleiben die Entleerungsgebühren stabil, allerdings steigt die Abfallgrundgebühr für private Haushalte. Auch die Abfallgrundgebühr für gewerbliche Restabfallbehälter steigt, zum Beispiel für 80-Liter-Behälter von 44,21 auf 48,20 Euro/Jahr und für 120-Liter-Behälter von 66,32 auf 72,30 Euro/Jahr.

„Großes Ziel“ sei es, im Jahr 2025 für den ganzen Kreis eine einheitliche Satzung zu erreichen, betonte Landrat Kai Emanuel am Mittwoch im Kreistag.