Leere Kassen: Sachsens Kommunen drängen mit Sechs-Punkte-Papier auf Hilfe

Torgauer Zeitung

Städte und Gemeinden fordern Verzicht auf teure Vorschriften und mehr Geld für Kitas und Nahverkehr.

Dresden. Nur einen Tag, nachdem die Mai-Steuerschätzung Sachsens Kommunen ein neues Defizit von 115 Millionen Euro in Aussicht gestellt hat, kamen deren große Sorgen auch im Landesparlament an. Mit einem Sechs-Punkte-Papier, das am Mittwoch Parlamentspräsident Alexander Dierks übergeben wurde, macht der Sächsische Städte- und Gemeindetag (SSG) jetzt erneut auf eine „sich dramatisch zuspitzende Finanznot“ in vielen Orten des Landes aufmerksam und fordert dringend größere Unterstützung vom Freistaat.

Der Radebeuler Oberbürgermeister und SSG-Präsident Bert Wendsche sprach anlässlich der Übergabe Klartext. Ohne grundlegende Strukturreformen würden die sächsischen Kommunen Gefahr laufen, künftig in eine finanzielle Abwärtsspirale zu geraten. Notwendig seien zügige Maßnahmen, um die Handlungsfähigkeit vieler Städte und Gemeinden zu sichern.

Und er legte eine brisante Rechnung vor: Angesichts extrem steigender Sozialausgaben und Personalkosten sowie inflationsbedingt hohen Sach- und Investitionskosten lag das Kassendefizit von Sachsens Kommunen zum Jahresende 2024 bereits bei 680 Millionen Euro. Wendsche warnte eindringlich davor, die kommunalen Probleme zu ignorieren: „Ohne die Reduzierung von Aufgaben, Bürokratie und Standards wird es nicht gehen. Kommunale Selbstverwaltung setzt Handlungsspielräume voraus und dafür lohnt es sich zu kämpfen.“

Zu den wichtigsten Punkten des Forderungskataloges mit dem Titel „Kommunale Haushalte in Not! Was die Kommunen nun vom Freistaat erwarten“ gehört deshalb, dass zumindest bis Ende 2028 darauf verzichtet wird, die Städte und Gemeinden mit neuen Geldleistungsgesetzen sowie kostentreibenden Vorschriften zu belasten. Gleichzeitig müssten bereits geltende gesetzliche Pflichtaufgaben wieder „auf das unbedingt notwendige Maß“ reduziert werden. Ein notwendiger Einschnitt, im Fall der Fälle aber auch schmerzhaft für alle betroffenen Bürger.

Doch der Druck auf die Verantwortlichen in den Rathäusern und Gemeindeämter ist längst enorm hoch. Erwartet werde deshalb, so Wendsche weiter, dass die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD zu ihrer Aussage stehen, keine weiteren Verschlechterungen bei der Finanzlage der Kommunen zuzulassen. Tatsächlich hatte die regierende Minderheitskoalition zuletzt mehrfach erklärt, die Kommunen stärker unterstützen zu wollen. Dazu kündigte Finanzminister Christian Piwarz (CDU) diese Woche umgehend an, die kommunalen Steuerausfälle über den per Gesetz geregelten Finanzausgleich zwischen Freistaat und Kommen nahezu komplett kompensieren zu wollen.

Trotz dieser erfreulichen Botschaft ist aus Sicht des kommunalen Spitzenverbandes aber längst noch nicht alles Notwendige getan. Neben der Anhebung der Investitionsmittel für den kommunalen Brandschutz auf das gesetzlich vorgeschriebene Niveau besteht der SSG auch auf einen gerechteren Ausgleich bei den Mitteln für den Gewässerschutz. Vor allem aber müsse der Freistaat seine Kita-Zuschüsse noch in diesem Jahr erhöhen und regelmäßig ab 2026 dynamisch an die steigenden Kosten in dem Bereich anpassen.

Eine stärkere finanzielle Unterstützung sei ebenfalls beim öffentlichen Personennahverkehr nötig. Nicht zuletzt müssten den Kommunen die enormen Mehrbelastungen durch die landesweit vorgeschriebene Aufstellung neuer Wärmpläne ausgeglichen werden, heißt es in dem Papier.

Ab dem 1. Januar 2027, so eine weitere Forderung, bestehen die Städte und Gemeinden zudem auf einer generell besseren Finanzausstattung als bisher. Ein solches Reformprojekt dürfte für die Staatsregierung, die zurzeit selbst mit einem Sparhaushalt konfrontiert ist, teuer werden. Dazu stellt die anhaltende Wirtschaftsflaute im eigenen Bundesland einen solchen Termin bereits heute eher infrage.

Das wissen natürlich auch die Kommunen und drängen deshalb zusätzlich auf andere Finanzhilfen. So müsse der Freistaat sicherstellen, dass sie künftig einen wesentlichen Teil des geplanten „Sachsenfonds“ für sich nutzen können. In diesen neuen Topf sollen künftig unter anderem die rund 415 Millionen Euro fließen, die der Bund dem Land Sachsen ab 2026 bis 2037 jeweils jährlich als Sondervermögen zur Verfügung stellen will.

Absichtserklärungen, die Kommunen angemessen aus diesem großen Topf zu bedienen, waren auf Regierungsseite schon zu hören. Allein die Details dazu stehen immer noch nicht fest. Viel wird davon abhängen, auf welche Weise es der Freistaat schafft, zuvor seinen eigenen Doppeletat für die Haushaltsjahre 2025 und 2026 zu beschließen. Schwierigkeiten gibt es dabei genug. Am umstrittensten bleibt, ob dafür neue Landeskredite aufgenommen werden oder nicht. Die Oppositionsfraktionen von Linken, Grünen und dem BSW fordern das, CDU und SPD sind sich aber noch uneinig.

Zumindest bei einem anderen Punkt kam die Minderheitskoalition jetzt aber einem Wunsch der Kommunen nach. War bislang vorgesehen, dass Gelder aus dem „Sachsenfonds“ nur für Investitionen mit einem Volumen von mindestens zehn Millionen Euro vergeben werden, soll diese Mindestgrenze für sie künftig deutlich gesenkt werden: auf nur 250.000 Euro. Aber auch hier wird jetzt nachverhandelt. Der Grund: Für viele Gemeinden ist auch dieses Limit noch zu hoch. Sie drängen auf eine weitere Absenkung, um bei sich vor Ort auch notwendige kleinere Projekte umsetzen zu können.