Linke: „Ein grundsätzlicher, klarer Neuanfang“

LVZ

Leipzig rettet die Linke in den Landtag – doch es ist klar, dass die Partei zu den Verlierern gehört. Was heißt das für die Zukunft?

Dresden.

Je später der Wahlabend wird, desto entkrampfter werden die sächsischen Linken. Die Mienen bei der Wahlparty in Dresden lockern sich, die Gespräche kommen allmählich wieder in Fahrt. Am Ende kommt sogar eine Art Jubel auf.

Der Grund liegt in Leipzig: Zwei Leipziger Direktmandate hieven die Partei doch noch in den sächsischen Landtag – auch ohne dass sie die eigentlich notwendigen fünf Prozent geschafft hat. Es wäre das erste Mal gewesen, dass die Linke seit 1990 den Einzug in das Landesparlament verpasst hätte. So hatten es zuvor, kurz nach 18 Uhr, die Prognosen vorausgesagt.

„Das wird heute noch ein langer Abend“, sagt der Co-Landesvorsitzende Stefan Hartmann zu diesem Zeitpunkt, „die Hoffnung ist aber noch nicht verloren.“

Tatsächlich zieht – trotz der mit mageren vier Prozent ernüchternden Hochrechnungen – im Laufe des Abends ein Hoffnungsschimmer auf. Während die Auszählungen allerorten laufen, zeichnet sich immer mehr ab, dass die Linke in Leipzig zwei Wahlkreise gewinnen kann. Sowohl Juliane Nagel als auch Nam Duy Nguyen holen am Ende ihre Wahlkreise direkt, deutlich vor allen anderen Bewerberinnen und Bewerbern. Dagegen liegt Marco Böhme, dem ebenfalls Chancen zugeschrieben wurden, schon frühzeitig hinter Claudia Maicher (Grüne) zurück.

Doch schon mit zwei Direktmandaten lässt sich, quasi auf einem Umweg, ins Parlament kommen. Das Stichwort lautet Grundmandatsklausel – eine sächsische Ausnahme. In einem solchen Fall sind keine fünf Prozent mehr notwendig.

Maßgeblich wird in diesem Fall ebenfalls der Prozentwert aus dem Zweitstimmen-Ergebnis. Mit dem aktuellen Stand, der noch vorläufig ist, könnte die Linke voraussichtlich sechs Abgeordnete auch im neuen Landtag haben. Das wären dann die Wahlkreisgewinner sowie die ersten Plätze von der Wahlliste der Linken. Der Satz „Besser eine Hand voll als niemand“ macht deshalb unter Linken in Dresden die Runde.

Aktuell sitzen noch 14 Abgeordnete für die Linke im Parlament, nachdem es für die Partei im Jahr 2019 nur noch für knapp über zehn Prozent gereicht hatte. Schon damals war von einem Debakel die Rede gewesen. Jetzt ist es also noch schlimmer gekommen.

„Auch wenn das Gesamtergebnis eine Katastrophe ist, freuen wir uns sehr darüber, dass wir mit den beiden Direktmandaten wieder in den Landtag einziehen. Unser großer Dank gilt Juliane Nagel und Nam Duy Nguyen“, sagt die Linke-Landesvorsitzende am Abend der LVZ, „mit uns wird also weiter zu rechnen sein.“ Zudem habe ihre Partei mit dem Wiedereinzug möglicherweise die Sperrminorität der AfD verhindert.

Hartmann räumt gleichzeitig ein, dass die Linke mit diesem 1. September ihre angestammte Stärke in Ostdeutschland verloren habe. „Unsere Partei hat viele Niederlagen erlebt, konnte sich aber immer wieder aufrappeln. Voraussetzung war unsere Stärke in Ostdeutschland.“

Doch die gebe es inzwischen nicht mehr, sagt der Co-Landeschef auch mit Blick auf die deutlichen Verluste der Partei im benachbarten Thüringen. Notwendig sei jetzt ein „grundsätzlicher, klarer Neuanfang“, kündigt Hartmann an, der auch Mitglied im Bundesvorstand ist. Dieser Neustart dürfe nicht nur strukturell und methodisch erfolgen, sondern müsse sich auch personell niederschlagen.

In Dresden ist am Sonntagabend bereits Ines Schwerdtner anwesend. Sie wird im Herbst als neue Bundesvorsitzende der Linken kandidieren. Ihre Aussichten stehen momentan gut. „Das ist ein bitteres Ergebnis – mit dem man aber rechnen musste“, kommentiert Schwerdtner gegenüber der LVZ die Prognosen, insbesondere mit Blick auf die vorausgegangenen Umfragen. Sie sei aber noch „guten Mutes, dass der Einzug in den Landtag schaffbar ist“, gibt sie sich am frühen Abend zuversichtlich. Am Ende kann auch die designierte Parteichefin aufatmen. Dank der beiden Leipziger.