Polizei, Schulen, Kliniken: Was kann sich Sachsen noch leisten?

Leipziger Volkszeitung

Ohne Einschnitte geht es nicht: Das hat Sachsens Finanzminister Christian Piwarz (CDU) bei der Vorstellung des neuen Doppelhaushaltes am Montag in Dresden klargemacht. Mit 50 Milliarden Euro will der Freistaat in diesem und im nächsten Jahr zwar eine Rekordsumme ausgeben.

Gleichzeitig muss an vielen Stellen aber auch der Rotstift angesetzt werden. Außerdem werden die Rücklagen komplett aufgelöst und die Rückzahlungen der Corona-Kredite so weit wie möglich gestreckt – ansonsten hätte es deutlich mehr Einschränkungen geben müssen.

Die Großposten

Der Bereich Bildung und Forschung macht mit 16,1 Milliarden Euro inzwischen fast ein Drittel des Gesamthaushaltes aus. Im Vergleich zu 2024 sollen bis Ende 2026 sogar insgesamt 700 Millionen Euro mehr ausgegeben werden, was aber laut Finanzministerium zu großen Teilen auf Tarifsteigerungen zurückzuführen ist. Die Lehrkräfte an Schulen, Referendare in Ausbildung sowie das Personal an Universitäten und Hochschulen werden bei allen Streichungen verschont.

Die Überweisungen an die Kommunen liegen mit 16,5 Milliarden Euro in einer ähnlichen Höhe wie der Bildungsbereich. Darin ist auch ein 600 Millionen Euro umfassendes Hilfspaket enthalten. Doch schon jetzt ist klar, dass selbst dieses zusätzliche Geld kaum ausreichen dürfte. Piwarz fordert Reformen auf Bundesebene, um die Städte, Gemeinden und Landkreise dauerhaft zu entlasten: „Die rasant gestiegenen Sozialausgaben nehmen den Kommunen die Luft zum Atmen.“

Die Einschnitte

Die Budgets, die die einzelnen Ministerien zur freien Verfügung haben, sinken bis Ende des nächsten Jahres um fast eine Milliarde Euro. Damit stehen laut Finanzministerium lediglich knapp zwei Drittel der bisherigen Umfänge bereit.

So wird es vorerst keine Grenzpolizei geben. Dieser Plan werde auf „kommende Doppelhaushalte“ verschoben, teilt das Innenministerium mit. Der Einstellungskorridor wird nur leicht (von 450 auf 475 Polizeianwärterinnen und Polizeianwärter) erhöht – soll aber ausreichen, um die Präsenz im ländlichen Raum und in Großstadt-Brennpunkten auszubauen sowie die Mobilen Fahndungsgruppen im grenznahen Bereich zu verstärken. Das Budget für neue Polizei-Fahrzeuge wird mehr als halbiert, das für Dienstausrüstungen sinkt um ein Drittel. Zugleich wird am Aufbau eines sogenannten Landesausreisezentrums festgehalten.

Das Budget für den Straßen- und Brückenbau sinkt um ein Drittel auf 67,5 Millionen Euro. Priorität haben Deutschland- und Bildungsticket, dagegen wird es Streichungen bei Investitionen in den Öffentlichen Nahverkehr geben.

Für den Rückbau von Wohngebäuden steht kein Geld mehr zur Verfügung. Abstriche muss es auch bei den Bahnprojekten Leipzig-Geithain-Chemnitz und Dresden-Bischofswerda-Görlitz geben: Hier werden sich die Planungen laut Infrastrukturministerium „verlangsamen“.

Insgesamt gilt: Der Freistaat wird bis Ende 2026 keine neuen Baumaßnahmen angehen können. Bis auf zwei Ausnahmen (Sächsische Landesbibliothek sowie Landtag, dort aber mit Abstrichen) sind weitere Planungen auf Eis gelegt worden. Das könnte letztlich auch für die Förderung von Schul- und Kita-Bauten gelten – wenn keine zusätzlichen Quellen erschlossen werden. Deshalb werden große Hoffnungen auf das „Sondervermögen“ gesetzt: Sachsen wird pro Jahr 500 Millionen Euro erhalten, die in den neuen Sachsenfonds fließen sollen.

Das Soziale

Die Landesregierung hatte sich schon frühzeitig festgelegt: Angebote für Kinder und Jugendliche sollen – wie auch die Kulturraumförderung – Priorität haben und nicht unter die Streichungen fallen. Zudem bleiben die Gelder für Schulsozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter konstant, auch wenn viele Beteiligte eine Erhöhung gefordert hatten. Die Unterstützung für Familien soll ebenfalls beibehalten werden: Dazu zählen zum Beispiel die Schwangerenberatung, Gewaltschutz oder das Landeserziehungsgeld.

Einige Kürzungen wird es im schulischen Bereich bei den Ganztagsangeboten geben, deren Budget um ein Viertel sinkt. Darüber hinaus erhält auch die Kulturstiftung weniger Geld, genauso wird bei der institutionellen Kulturförderung gespart. Dagegen gibt es bei den Musikschulen keine Streichungen.

Gleichbleibend sind auch die Zuschüsse für die sächsischen Krankenhäuser. Auch hier war zuvor von einem Investitionsstau gesprochen worden – nun gibt es zumindest keine Abstriche. Eingeplant sind jeweils 139 Millionen Euro pro Jahr. „Wir sichern mit unserem Haushaltsentwurf soweit möglich die bestehenden Strukturen ab“, räumt Vize-Ministerpräsidentin und Sozialministerin Petra Köpping (SPD) ein.

Das Personal

Der Freistaat verfügt zurzeit über 96.491 Stellen – das ist der höchste Wert seit 20 Jahren. Das sind unter anderem Lehrkräfte und Polizisten, Verwaltungsangestellte und Juristen. Bis Ende 2016 sollen in einem ersten Schritt 382 Stellen wegfallen, die derzeit noch in verschiedenen Projekten gebunden sind. Piwarz erklärt, dass sich Sachsen mit dem neuen Doppelhaushalt auf den „Personalabbaupfad“ begeben hat. Dieser Weg müsse auch in den kommenden Jahren weitergegangen werden: „Ansonsten wachsen uns die Personalausgaben über den Kopf.“

Trotz dieser – zugegeben geringen – Reduzierung steigen die Personalausgaben von 5,8 Milliarden Euro (2024) auf 6,7 Milliarden im nächsten Jahr. Auch hier werden insbesondere Tariferhöhungen als Ursache genannt. Dieser Bereich macht am Gesamthaushalt statt bislang 23,4 Prozent künftig 26,5 Prozent aus.

Die Forderungen

In der kommenden Woche wird der Regierungsentwurf erstmals im Landtag beraten werden. Danach gehen die Verhandlungen nochmal so richtig los. Optimisten rechnen damit, dass der Doppelhaushalt für 2025 und 2026 bis zur Sommerpause beschlossen werden könnte. Beim letzten Mal, im Jahr 2022, hatte es insgesamt 350 Änderungsanträge aus der Opposition (AfD und Linke) gegeben.

Aufgrund der neuen Konstellation im Landtag dürfte der Einfluss der Nicht-Regierungsparteien diesmal deutlich zunehmen – entsprechend könnte es noch etliche Änderungen beziehungsweise Verschiebungen geben.

Es heißt bereits, dass mit einer dreistelligen Millionensumme gerechnet wird, um BSW, Grünen und Linken entgegenzukommen. Die Minderheitsregierung aus CDU und SPD ist auf wenigstens zehn Stimmen aus der Opposition angewiesen, wenn sie den Haushalt durch den Landtag bekommen will. Dass Forderungen der AfD entsprochen wird, gilt als höchst unwahrscheinlich.