Trotz Job: 1914 Menschen im Landkreis stocken auf

LVZ, Delitzsch-Eilenburg

Gewerkschaft für

höhere Löhne und Kindergrundsicherung gegen Armut

Nordsachsen. Im Landkreis Nordsachsen sind aktuell 1914 Menschen auf Sozialleistungen angewiesen – obwohl sie eine Arbeit haben. Damit ist mehr als jeder fünfte erwerbsfähige Hartz-IV-Bezieher im Kreis ein „Aufstocker“ (22 Prozent). Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) unter Berufung auf eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit mit.

NGG-Regionalchef Jörg Most spricht von „alarmierenden Zahlen“. Es könne nicht sein, dass so viele Menschen trotz Arbeit zum Jobcenter gehen müssten. „Besorgniserregend ist vor allem der hohe Anteil von Kindern, die unter Armutsbedingungen aufwachsen“, so der Geschäftsführer der NGG-Region Leipzig-Halle-Dessau. Laut Arbeitsagentur leben bei 689 Hartz-IV-Aufstockern in Nordsachsen Kinder im Haushalt. 259 dieser Haushalte werden von Alleinerziehenden geführt – 86 Prozent von ihnen sind Frauen.

Nach Beobachtung des Gewerkschafters sind niedrige Löhne eine Hauptursache des Problems: „Wer an der Bäckertheke oder in der Gaststätte arbeitet und dabei nur einen Mini- oder Teilzeitjob hat, für den wird es am Monatsende extrem eng. Nur wenn die Einkommen deutlich steigen, kann die Arbeit wieder zum Leben reichen.“ Die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde, wie sie die Bundesregierung plant, sei ein wichtiger erster Schritt. In Branchen wie dem Gastgewerbe und dem Lebensmittelhandwerk werde bislang oft deutlich zu wenig gezahlt – auch weil sich Firmen nicht an ausgehandelte Tarifverträge hielten. Nach einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) arbeiten bundesweit drei von vier Aufstockern im Niedriglohnsektor.

„Besonders wichtig ist es, die Lage von Kindern in Hartz-IV-Haushalten zu verbessern. Armut darf nicht vererbt werden“, unterstreicht Most. Die von der Ampel-Koalition angekündigte Kindergrundsicherung sei ein „richtiger Schritt“. Mit der Reform sollen bisherige Leistungen für Kinder gebündelt und ein höheres Existenzminimum festgelegt werden. „Hier ist entscheidend, das Armutsrisiko für Kinder zu minimieren – indem die Bedarfssätze für Heranwachsende deutlich steigen“, so Most.

Das von Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) versprochene Gesetz dazu müsse nun rasch auf den Weg gebracht werden.

 

In eigener Sache
Hier die Antwort des Landrats auf unsere diesbezügliche Anfrage unserer Fraktion:

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