Wie konnte es zur Schließung der Helios-Klinik Schkeuditz kommen?

Torgauer Zeitung

Einst hat das Krankenhaus einen guten Ruf genossen. Vor Jahren hat eine Abwärtsspirale eingesetzt – mit dem Aus am 28. Mai.

Schkeuditz. Die Helios-Klinik Schkeuditz galt lange Zeit als eines der Top-Krankenhäuser der Region. Mit dem früheren Schilddrüsenzentrum hatte sich das Haus einen Namen gemacht. Bei Operationen an Blinddarm- und Gallenblase schnitt die Klinik bundesweit überdurchschnittlich ab. Nicht nur Patienten aus der Region Leipzig kamen nach Schkeuditz, um sich hier behandeln zu lassen.

Doch diese Zeiten sind endgültig vorbei: Seit Mittwoch, 28. Mai, ist die Klinik geschlossen. Das kündigte die Geschäftsführung kurzfristig am Montag an. In der Klinik hatte es schon länger rumort: Ein Abwärtstrend aus internen Turbulenzen, Personalfluktuation und sinkenden Patientenzahlen hatte eingesetzt. Wie konnte es dazu kommen?

Laut Geschäftsführer Matthias Hirsekorn hatte sich die Klinik „komplett in die falsche Richtung entwickelt“. Ein treibender Faktor sei die Corona-Pandemie gewesen. Über ein Jahr mussten Personal und Betten für die Behandlung von Covid-Patienten freigehalten werden. Oft waren nur noch dringende und lebensnotwendige Eingriffe möglich.

Die Rückkehr zum Regelbetrieb war für alle Häuser eine Herausforderung, so Friedrich München, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen. Personal sei deutlich öfter ausgefallen, die Fallzahlen seien nach der Pandemie durchschnittlich um 15 Prozent zurückgegangen. „Nach der Pandemie hat sich abgezeichnet, dass Patienten sich zunehmend niedergelassene Ärzte mit Spezialisierung suchen.“

Dabei sind die Belegzahlen für die Wirtschaftlichkeit entscheidend. „In Kombination mit der strukturellen Unterfinanzierung und der drastisch gestiegenen Kosten ist das fatal“, so München weiter. Der Krankenhaus-Experte habe in Schkeuditz einen besonders starken „Knick bei den Fallzahlen“ beobachtet, als in anderen Häusern. Ein möglicher Grund: „Die Helios-Klink hatte bereits ihre Besonderheit verloren; Patienten sich zunehmend umorientiert“.

Ein Faktor hierfür war sicherlich der Ruhestand, den Schilddrüsenexperte Frank Steinert 2020 antrat. Der Spezialist zählte zu den führenden Chirurgen bei der Behandlung und Operation von Schilddrüsen-Erkrankungen in Deutschland. „Der Ruf einer Abteilung steht und fällt mit den handelnden Personen“, sagt München.

Intern war der Wendepunkt aber eine andere Personalie: die Entlassung des Ärztlichen Direktors Professor Henrik Rüffert Anfang 2023. Grund seien mutmaßlich Unstimmigkeiten bei der Klinikführung gewesen.

„Vor dem Rausschmiss habe ich ein Haus erlebt, das funktioniert hat. Danach hat die Abwärtsspirale eingesetzt“, sagt eine Ärztin aus dem nahen Klinikumfeld. Zahlreiche Fachärzte hätten in der Folge die Klinik verlassen. Neubesetzung der Stellen konnte Helios nur bedingt meistern. „Die zunehmende Arbeitsbelastung, aber auch der Umgang mit Mitarbeitern hat am Personal genagt und das hat sich herumgesprochen.“

Darauf folgte bald der nächste Tiefschlag: die Schließung von Gynäkologie und Geburtshilfe im Dezember 2023. Auch diese wurde neben einer zu niedrigen Geburtenzahl mit einem Fachärztemangel begründet. Dieser verschärfte sich weiter. Im September 2024 blieb die Notaufnahme aufgrund von Personalausfällen phasenweise für längere Zeit geschlossen. Im März 2023 meldete Helios schließlich die Abteilung für Innere Medizin ab. Auch hier der Grund: eklatanter Personalmangel aufgrund von Kündigung seitens mehrere Fachärzte, wie ein Insider bestätigt. Kurz zuvor wurde der Posten des Ärztlichen Direktors innerhalb von zwei Jahren zum dritten Mal neu besetzt.

„Aus der Helios-Klinik in Schkeuditz kamen spätestens seit der Schließung der Geburtshilfe immer wieder Warnsignale, die auf notwendige Veränderungen hindeuteten“, sagt Torsten Lippold, Vorsitzender des Marburger Bundes, Landesverband Sachsen. Diese hätte es aber nicht gegeben, so die interne und externe Kritik.

Laut Geschäftsführer Matthias Hirsekorn habe es zuvor zahlreiche Gespräche gegeben, um den Standort zu erhalten. Das sei aber nicht gelungen, auch weil die Anzahl der stationären Patienten dagegensprachen: Diese war von 8200 im Jahr 2015 über 5000 im Jahr 2021 auf 3500 im Vorjahr gesunken. In den vergangenen Wochen sei das komplette Haus meist nur noch mit rund einem Dutzend Patienten belegt gewesen, so die Klinikleitung.

Vor diesem Hintergrund seien auch die Zukunftsaussichten mit Blick auf die Veränderungen aufgrund der Krankenhausreform ernüchternd gewesen. Die Helios-Klinik Schkeuditz hätte diese nicht überlebt, sagt Krankenhaus-Experte Friedrich R. München. „Das liegt vor allem an der Sondersituation: ein kleines Haus im Speckgürtel von Leipzig mit dementsprechend enormer Konkurrenz.“

Da andere Kliniken wie das St. Georg im Norden der Messestadt sowie das Kreiskrankenhaus Delitzsch in weniger als 30 Autominuten zu erreichen sind, entsteht mit der Schließung keine Versorgungslücke in der Region, heißt es.

„Anders wäre das im Erzgebirge“, sagt München. Und ebenso: „Wenn man weiterhin eine Spezialisierung mit entsprechendem Personal und Fallzahlen hätte vorweisen können.“ Das war aber in der Schkeuditzer Einrichtung nicht mehr der Fall.