Zuflucht für Frauen entsteht in Eilenburg

LVZ, Delitzsch-Eilenburg

Kinderschutzbund Torgau erhöht Zahl der Familienzimmer für Opfer häuslicher Gewalt von sechs auf acht / Angebote auch in Delitzsch und Torgau

Eilenburg. Die Anrufe kommen meist mittags oder nach 16 Uhr, auch nachts. Manchmal wollen Frauen erstmal einen Rat von Anja Friedemann vom Kinderschutzbund Torgau. Oft benötigen sie aber schnelle Hilfe für sich und ihre Kinder, wenn sie sich nach Gewalterfahrungen in ihrem Zuhause nicht mehr sicher fühlen, räumliche Distanz zum Partner brauchen. Übergangsweise können die Betroffenen in einer der seit 2020 bisher drei bestehenden Kinder- und Familienschutzwohnungen in Delitzsch oder Torgau unterkommen, die von Fachkräften, aber auch engagierten Ehrenamtlichen betreut werden.

Ab April gibt es eine solche Wohnung erstmals in Eilenburg. Wo, wird offiziell nicht gesagt. Aus Rücksicht, damit die Frauen Ruhe und vor allem Schutz finden können. Sybille Rasenberger, Vorstandsvorsitzende des Kinderschutzbundes Torgau, und Vermieter Josef Zalud haben gestern Nachmittag den Mietvertrag für eine 4-Raum-Wohnung unterschrieben. Ab 1. April können hier betroffene Frauen je ein Familienzimmer sowie gemeinsam Küche, Stube und Bad nutzen. Eigentlich für maximal vier Monate. Anja Friedemann aber weiß, dass dies meist nicht ausreicht.

„Es braucht Zeit, bis die Frauen hier richtig angekommen sind“. Oft ist die psychische Verfassung nicht die beste, sind die Betroffenen froh, wenn sie überhaupt erstmal wieder schlafen können. Dann geht es um profane Dinge wie Kleidung, Essen oder Dokumente, bevor überhaupt Fragen wie neue Wohnung, finanzielle Unterstützung und damit der Weg zurück in ein selbstständiges Leben geklärt werden können. Da geht es aber auch um menschliche Schicksale, um Formen häuslicher Gewalt, die nicht immer nur körperliche Angriffe wie Schläge bedeuten müssen.

Um die 14 Frauen und 13 Kinder hat der Verein pro Jahr seit 2020 betreut. Mal waren es die Betroffenen selbst, die um Hilfe baten. Mal war es die Familie oder Freunde, nicht selten stellten Jugendamt oder Polizei den Kontakt her. Zwischen drei, vier Tagen bis zu einem dreiviertel Jahr waren die Betroffenen da. Es hätten mehr sein können. „Als wir richtig durchstarten wollten, kam Corona“, so Friedemann. Es sei auch keineswegs so, dass nur jüngere Frauen Schutz brauchen. Zwischen 18 und 70 liegt das Altersspektrum, gerade ab dem 60. Lebensjahr nehmen Frauen das Beratungsangebot des Vereins wahr.

Der Kinderschutzbund Torgau betreibt im Auftrag und mit finanzieller Unterstützung des Landkreises die Interventions- und Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking. Ab diesem Jahr ist neu geregelt, dass zwischen drei und fünf Prozent Eigenmittel aufgebracht werden müssen. Allein 2022 sind das 12 000 Euro. „Da sind wir auf Spenden angewiesen“, sagt Sybille Rasenberger. Umso dankbarer ist der Verein über Crowdfunding-Initiativen wie „99 Funken“ der Sparkasse Leipzig. Über 5000 Euro konnten so akquiriert werden, die vom Geldinstitut verdoppelt werden.

Frauenberatungsstelle Nordsachsen: 0179 413 6518;

Interventions- und Koordinierungsstelle: 0176 40774297;

Notfallnummer rund um die Uhr: 0152 23689437.

Infos: www.kinderschutzbund-torgau.de, Menüpunkt Häusliche Gewalt sowie www.hilf-dir.info.

Spenden
bei der Leipziger Volksbank IBAN: DE80 8609 5604 0303 0938 69, BIC: GENODEF1LVB
oder bei der Sparkasse Leipzig 
IBAN: DE45 8605 5592 1090 2698 93, BIC: WELADE8LXXX