Kreistag vom 13. Juni 2018 mit wichtigen Weichenstellungen

Dr. Michael Friedrich

Nur scheinbar hatte dieser 18. Kreistag der aktuellen Wahlperiode 2014 – 2019 eine unspektakuläre Tagesordnung. Ausnahmsweise berichte ich diesmal vom Ende her.

Dort wurde Ordnungsdezernentin Frau Angelika Stoye, die sich im nächsten Monat in den Ruhestand verabschieden darf - immerhin seit 1990 (!)  im Landratsamt und damit die Letzte aus der „alten“ Führungsriege um den Delitzscher Alt-Landrat Michael Czupalla -  von Landrat Kai Emanuel und von Landesfeuerwehrchef Karsten Saack mit wohlwollenden Dankesworten geehrt. Auch aus LINKER Sicht sind diese verdient, denn Frau Stoye leitet seit weit über einem Jahrzehnt hoch engagiert und sehr resolut das umfangreiche Ordnungsdezernat mit über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, verantwortlich vom Katastrophenschutz über das Feuerwehrwesen, die ärztliche Versorgung, die Krankenhäuser, den Öffentlichen Nahverkehr, die Kreiswerke Delitzsch bis hin zu Asyl und Migration. Gerade in den schwierigen Jahren 2015/2016 hat Frau Stoye bei der Verteilung der Flüchtlinge auf die Kommunen und deren Integration eine immense Arbeit geleistet, ist immer für eine Willkommenskultur eingetreten und hat in ungezählten Bürgergesprächen Haltung bewahrt.

 

Zum Auftakt aber war Frau Stoye aufgerufen, vor dem Kreistag einen Bericht über die Einhaltung der Hilfsfristen im Rettungsdienst zu geben. Der vorletzte Ältestenrat hatte dies so beschlossen, da es mit der gegen den ausdrücklichen Willen des Landkreises Nordsachsen im Jahr 2015 installierten Integrierten Rettungsleitstelle Leipzig (IRL)  zunehmend Verunsicherung und Zweifel an der Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen 12-Minuten-Frist zwischen der Alarmierung und dem Eintreffen eines Rettungsfahrzeugs gibt. Leider zeigte der Bericht, dass diese Zweifel sehr berechtigt sind. Von einer Einhaltung der Hilfsfrist zu über 90 % in Zeiten, als noch die Delitzscher Rettungsleitstelle für die Einsätze verantwortlich war, ist das Niveau mit der IRL auf nur noch rund 75 % gesunken. Diese Qualitätsabsenkung aber kann Menschenleben kosten! Verantwortlich sind vor allem viel zu viele „Fremdfahrten“ der Rettungsfahrzeuge unseres Landkreises im Stadtgebiet von Leipzig (7,41%), während umgekehrt nur 1,46% der Leipziger Technik in Nordsachsen oder in anderen Landkreisen zum Einsatz kommt. Dieses krasse Missverhältnis muss aus unserer Sicht dringend abgestellt werden. Natürlich ist gegenseitige Hilfe zwischen Leipzig und den angrenzenden Landkreisen angezeigt, aber Geben und Nehmen müssen annähernd ausgeglichen sein. Frau Stoye stellt eine Anzahl von Maßnahmen vor, um die Hilfsfristen künftig besser einhalten zu können, u. a. den zusätzlichen Einsatz von drei Rettungsfahrzeugen in Leipzig noch in diesem Jahr.  Es sei aber illusorisch, hier eine schnelle Verbesserung zu erwarten. Zum nächsten Kreistag im September soll erneut über dieses drängende Problem berichtet werden.

 

Ohne polemische Wortgefechte wurden in der folgenden Tagesordnung immerhin 18 Beschlüsse gefasst. Wie üblich waren die meisten davon reine Verwaltungsvorlagen ohne besondere politische Brisanz oder personelle Entscheidungen der Fraktionen zur Besetzung von Ausschüssen und Gremien, die hier nicht weiter kommentiert werden müssen. Zu zwei Beschlüssen aber, die weit in die Zukunft reichen, meldete sich die LINKE planmäßig zu Wort und initiierte eine Diskussion, die sonst wahrscheinlich so nicht stattgefunden hätte.

 

So ist die Informationsvorlage zur Demografiestudie für Nordsachsen ein wirklich lesenswertes, hochinteressantes, zukunftsweisendes Projekt. Ich habe das sachliche, differenzierte  und wissenschaftlich begründete Herangehen des Leibnitz-Instituts für Länderkunde ausdrücklich gewürdigt und unterstrichen, dass damit aufgezeigt wurde, dass Nordsachsen mitnichten nur eine abgehängte Problemregion ist (in der zuletzt vorgestellten „Wohlfühlstudie“ des Prognos-Instituts nur auf Platz 297 von 401 Landkreises und Kreisfreien Städten), sondern neben allen Problemen voller Entwicklungschancen steckt. Allerdings können diese nicht allein mit eigener Kraft gehoben werden, sondern nur im engen Zusammenwirken mit Leipzig und der umliegenden Metropolregion. Deshalb erwartet die LINKE, dass auf der Grundlage dieser Demografiestudie in der nächsten Zeit ein tatsächliches Kreisentwicklungskonzept mit einem Zeithorizont bis 2030  für unseren Landkreis erarbeitet wird. Anders als bei einem vergangenen  Versuch in den Jahren 2011/2012, als letztlich nur der Ist-Zustand der Kreisverwaltung in einem ziemlich verworrenen Klein-Klein gespiegelt wurde  und das Papier letztlich nutzlos in der Schublade verschwand, gehe es dieses Mal darum, ein wirkliches Handlungskonzept zu erarbeiten. Das kürzlich in Leipzig verabschiedete Integrierte Stadtentwicklungskonzept (INSEK) ist dafür ein gutes Vorbild. Der verantwortliche Beigeordnete Dr. Rexrodt unterstrich diese Erwartung, mahnte aber an, dass diese Arbeit höchst anspruchsvoll sei, mindestens zwei Jahre beanspruchen und mit Sicherheit auch noch den nächsten Kreistag beschäftigen werde.

 

Der Beschluss zur Neuordnung der Trägerstruktur der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig beendet 17 Jahre (!) nach dem erfolgreichen Volksentscheid „Pro kommunale Sparkasse“ die unseligen Konsequenzen aus dem einstmaligen zentralistischen Sparkassenverbund und der darauffolgenden Sachsenfinanzgruppe (SFG).  Nachdem wir uns bereits vor Jahren aus der SFG heraus gekauft haben, ist es nun möglich, den intransparenten Zweckverband zwischen unserer Kreissparkasse und der Stadtsparkasse Leipzig aufzulösen und zu einer einfachen Trägerstruktur zurückzufinden. Zugleich erhöht sich das relative Gewicht unseres Landkreises in der neuen Leipziger Sparkasse von gegenwärtig rund 14,7 % auf rund 21,7 %, da nunmehr die Einwohnerzahlen und nicht mehr die anteiligen Bilanzsummen der Maßstab sind. Als Fraktionsvorsitzender habe ich diese Maßnahmen begrüßt, zugleich aber die aktuelle Geschäftspolitik der Leipziger Sparkasse scharf kritisiert. So ist  der fortlaufende Abbau von Sparkassenstandorten selbst in Mittelzentren wie Torgau, Delitzsch, Oschatz und Eilenburg vor allem für die ältere, weniger mobile und nicht on-line-affine Bevölkerung ein echtes Ärgernis. Der stolze Preis von monatlich 6,90 Euro für das einfachste off-line-Konto ist weitab von jeglicher Sozialverträglichkeit. Wer durchschnittlich nur 1.000 oder auch 2.000 Euro auf dem Konto hat, und dies betrifft nicht wenige Menschen, zahlt dennoch im Jahr 82,80 Euro Gebühren. Das hat eine Enteignungsgleiche Wirkung wie Negativzinsen von etwa -8% bis -4 %. Ob die Sparkasse so noch ihren kommunalen und sozialen Versorgungsauftrag für ausdrücklich alle Einwohner unseres Landkreises erfüllen kann, muss mit einem dicken Fragezeichen versehen werden! Die LINKE verspricht, weiterhin an diesen Problemen dranzubleiben. Wir wollen eine betriebswirtschaftlich sicher aufgestellte, kommunal verankerte, flächendeckend wirkende Sparkasse mit sozial verträglichen Gebühren.

 

Der nächste Kreistag tritt erst nach einem langen Sommer am 19. September 2018  zusammen.