Agri-Photovoltaik: Pilotprojekt soll bei Wildenhain starten

Torgauer Zeitung

Neuer Ansatz will die Vorteile von Landwirtschaft und Stromproduktion vereinen. Gemeinde Mockrehna muss aber noch zustimmen. Weitere Pläne liegen für Köllitsch bereit.

„Wildenhain. Für André Knöfel war klar: „So und nicht anders!“ Der Wildenhainer gehört mit dem Blick auf Agri-Photovoltaik in der Region Torgau zu den Vorreitern. Auf 11,5 Hektar will er nun am Ortsrand seines Heimatdorfs zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Neben der Landwirtschaft soll auf seinem Land auch Strom aus Sonnenenergie produziert werden. „Es kann ja nicht sein, dass wertvolle Ackerflächen nur noch mit Photovoltaikmodulen zugepflastert werden. Wo erzeugen wir dann unsere Nahrung?“, erläutert er seinen Beweggrund, warum er sich für die Doppelnutzung seines Ackers entschieden hat.

Der 33-Jährige will das Projekt gemeinsam mit der in Leipzig ansässigen Solar Provider Group umsetzen. Voraussetzung dafür ist, dass der Gemeinderat Mockrehna dem Vorhaben keine Steine in den Weg legt und selbigen für einen Bebauungsplan frei macht.

Im Oktober 2023 wurde der vertragliche Grundstein für das Agri-Photovoltaik-Projekt gelegt. 30 Jahre lang sollen auf dem zwischen Torfhausstraße und Battauner Straße gelegenen Landstrich Strom und Nahrungsmittel produziert werden. „Damit dies funktioniert, muss bei der Aufstellung der Photovoltaikmodule einiges beachtet werden“, erklärt Projektentwickler David Mai. Demnach sollen die Reihenabstände bei 10 bis 14 Metern liegen, sodass die Fläche dazwischen noch mit landwirtschaftlichem Gerät bewirtschaftet werden kann. Mai geht davon aus, dass auf diese Art und Weise nur maximal 15 Prozent der Ackerfläche der Landwirtschaft verloren geht. Bei reinen Photovoltaikanlagen seien 2 bis 7 Meter Abstand zwischen den Reihen normal.

Um möglichst viel Sonnenenergie in Strom verwandeln zu können, sollen die zwei Meter über dem Boden aufgeständerten Module schwenkbar gelagert werden. Das bedeutet, dass der Neigungswinkel der Module je nach Sonnenstand mithilfe eines Trackingsystems automatisch angepasst wird. Die Stromausbeute soll bei jährlich mehr als 8 Gigawatt liegen. Ein Wert, mit dem rein rechnerisch 2075 Vier-Personenhaushalte mit Strom beliefert werden könnten. Zudem soll die Einspeisung ins Netz ohne lange Wege zu einem Umspannwerk möglich sein.

 

Für Knöfel war es nicht ganz einfach, ein Unternehmen zu finden, mit dem er seine Vorstellung von einer zukunftsfähigen Landwirtschaft umsetzen kann. „Ich hätte nie geglaubt, wie stark eine große Anzahl von Firmen auf den reinen Photovoltaikausbau ausgerichtet sind“, sagt der Wildenhainer. Viel zu oft hätten diese ihn von seinem Gedanken abbringen wollen, das Land auch noch der Landwirtschaft zukommen zu lassen.

„Diese Reaktionen haben mich allerdings in meinem Vorhaben nur noch bestärkt“, zeigt sich der junge Mann von den Vorteilen der Agri-Photovoltaik überzeugt. Geringere Bodenerosion und weniger Wasser, das verdunstet, seien nur zwei Vorteile einer solchen Kombination, die nach Angabe von Projektentwickler Mai sachsenweit immer mehr an Fahrt aufnehme.

Der Kostenrahmen für das Bauvorhaben dürfte sich nach Angabe von Mai bei mehreren Millionen Euro einpendeln. Geplant sei, dass man die Möglichkeit einer Bürgerbeteiligung einräumt. Summen von 250 bis 25000 Euro sollen demnach bei einer zehnjährigen Laufzeit zwischen 4 und 6 Prozent Zinsen abwerfen.

Welches Neuland man in Wildenhain mit der Errichtung einer Agri-Photovoltaikanlage betreten möchte, unterstreicht eine im Jahre 2022 vom sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie veröffentlichte Untersuchung. Die Experten kamen darin zu dem Ergebnis, dass „gute Erkenntnisse und nachvollziehbar dokumentierte, veröffentlichte wissenschaftliche Arbeiten darüber fehlen, welche Konstellationen aus Standort, Anlagendesign und Anbaukulturen zu landwirtschaftlichen Ertragsänderungen führen.“ Immerhin gehe der kombinierte Ertrag aus Strom und Ackerbaukulturen mit einem potenziell höheren Aufwand für den Landwirt einher.

Derweil soll auch im Lehr- und Versuchsgut in Köllitsch im kommenden Jahr eine Agri-Photovoltaikanlage errichtet werden. Die Ausmaße dieser Demonstrationsanlage sind mit etwa 75 x 200 Meter deutlich kleiner als jene in Wildenhain. Allerdings soll die Anlage in Köllitsch vorrangig der Wissenschaft dienen. Dabei will man unter anderem der Frage nachgehen, welche Breiten zwischen den Modulen mit Blick auf konventionellen Anbau sowie auf den Einsatz von Robotertechnik ideal sind.