Aus der Bundespolitik ins Mehrgenerationenhaus: Der Linken-Berufspolitiker Michael Bagusat-Sehrt wird neuer Leiter des MGH in Dommitzsch
Dommitzsch. Ob Michael Bagusat-Sehrt ehrenamtlich oder hauptberuflich unterwegs ist, kann man neuerdings an seiner Jacke erkennen. In der Freizeit ist für den langjährigen Katastrophenschutz-Beauftragten des Deutschen Roten Kreuzes das DRK-Logo schon ein bisschen zum Markenzeichen geworden. Im Job trägt der Torgauer aber seit 1. April ein Textil mit ASB-Emblem. Wie sich das miteinander verträgt? „Sehr gut“, lächelt der 49-Jährige.
Der Arbeiter-Samariter-Bund sei zu Jahresbeginn auf ihn zugekommen und habe gefragt, ob er sich nicht vorstellen könne, die Leitung des Mehrgenerationenhauses (MGH) in Dommitzsch zu übernehmen. Bagusat-Sehrt bat um Bedenkzeit, berief zu Hause eiligst den Familienrat ein und sagte dann voller Überzeugung: Ja! Sehr zur Freude von Thomas Reichel. Der Geschäftsführer des ASB-Kreisverbandes Torgau-Oschatz spart nicht mit Vorschusslorbeeren, wenn es um seinen neuen Mitarbeiter geht. „Ein guter Mann. Wir sind froh, dass wir ihn gewinnen konnten.“ Nach dem Abschied der bisherigen Leiterin Sybille Zugowski, die das Rentenalter erreichte, sei mit dieser personellen Entscheidung auch die Zukunft des Dommitzscher MGH wieder langfristig gesichert. Und obwohl die Einrichtung noch geschlossen hat, brennt Bagusat-Sehrt bereits jetzt für seine neue Aufgabe. Hier könne er seinen Ideenwahn voll ausleben. Denn er lasse sich oft und gerne viele Dinge einfallen.
Das habe der bisherige Regionalmitarbeiter Ost der Linken-Fraktion im Bundestag zwar in der Vergangenheit auch gekonnt. Aber die Betätigung in der nördlichsten Kleinstadt Sachsens stelle noch mal eine völlig andere Herausforderung dar. Nach 22 Jahren also der Ausstieg aus der hauptamtlichen Politik. Das kommt für den einen oder anderen im Altkreis doch überraschend.
Bagusat-Sehrt stellt klar: „Ich hätte in Berlin weitermachen können. Ein Angebot lag mir vor.“ Nachdem sich die Fraktion Die Linke im Bundestag aufgelöst habe und alle Mitarbeiter die Kündigung erhielten, werde nun zumindest die Gruppe Die Linke im Bundestag weitermachen. Überwiegend mit neuem alten Personal, aber eben ohne den Torgauer. „In erster Linie genieße ich es, wieder mehr bei der Familie zu sein“, lächelt der dreifache Vater, der mit seiner Ehefrau in der Kreisstadt wohnt.
Als Regionalmitarbeiter hätte er bislang die meiste Zeit in Hotels verbracht. Ständig auf dem Sprung, mal hier, mal da. Meist sei er nur sonntags zu Hause gewesen. Veranstaltungstouren durch Sachsen, Brandenburg, Thüringen, manchmal durch Mecklenburg-Vorpommern oder durch die alten Bundesländer bestimmten den Alltag. „Von meinen ersten zwei Kindern habe ich viel zu wenig gehabt, jetzt will ich wenigstens mein drittes Kind intensiv aufwachsen sehen“, betont er. 27 und 21 Jahre alt sind Sohn und ältere Tochter, die jüngste Tochter ist zehn.
Die Ehrenämter aber sollen bleiben. Bagusat-Sehrt engagiert sich als Kreisrat, im Stadtrat und eben im Katastrophenschutz – unter anderem gehört er der schnellen Einsatzgruppe des DRK an. Da gäbe es auch keine Reibungspunkte zwischen beiden Wohlfahrtsverbänden. Das sei ihm wichtig gewesen und das habe er rasch mit seinem neuen ASB-Chef klären können. Im Prinzip hätten beide „Player“ dieselbe Zielrichtung, sagt er.
In Dommitzsch hingegen will der frisch gebackene MGH-Leiter für frischen Wind sorgen, Altbewährtes und Neues kombinieren. Die Räume im Untergeschoss der früheren Mittelschule kenne er unter anderem aus Besuchen mit Abgeordneten, die sich hin und wieder vor Ort überzeugten, wie die Bundesmittel eingesetzt werden.
Hier in Dommitzsch wurde 2008 übrigens eines der ersten Häuser eingeweiht – damals noch von der früheren Bundesministerin Ursula von der Leyen persönlich. Seit Juni 2023 läuft der Umbau des Gebäudekomplexes zum Hort. Der Anlaufpunkt für Jung und Alt hat geschlossen. Stammtische, Chor, Handarbeitsgruppen, Romméfrauen und Skatbrüder, Bastelangebote für Kinder und Erwachsene, Sportgruppen und Selbsthilfegruppen sind in andere Räume umgezogen oder pausieren. Im August sollen alle zurückkehren. Schon jetzt zieht Bagusat-Sehrt die Fäden und plant, wie es konkret weitergehen soll: mit neuer Ausstattung, mit neuen Angeboten und Ideen – und eben mit den lieb gewonnenen Aktivitäten.
Er knüpft Kontakte. Er führt Gespräche. Er koordiniert und managt. Und er freut sich auf die ersten Wochen und Monate vor Ort. „Geschichten erzählen“, könnte eine erste Veranstaltungsreihe heißen, die sprichwörtlich Generationen vereint. Ältere erzählen, wie das Leben früher in Dommitzsch war, Jüngere stellen Fragen und hören zu. Auch mit einem breiten Beratungsangebot will Bagusat-Sehrt das MGH attraktiver machen. Man merkt: Der Torgauer kann es kaum erwarten und ist gespannt, wie seine Ideen und Pläne künftig in der Gänsebrunnenstadt ankommen.