Der Landesentwicklungsplan 2012 ist kleinkariert, ängstlich und ideenlos

Dr. Michael Friedrich

Der von der Landesregierung vorgelegte „Beteiligungsentwurf“ für den Landesentwicklungsplan 2012 (LEP) ist ein kleinkariertes, ängstliches und ideenloses Dokument.

 

Statt Entwicklungsimpulse für den Zeitraum bis 2025 zu geben und die neuen Herausforderungen des demografischen Wandels, der Ressourcenknappheit, des Klimawandels und der Kooperation über die Ländergrenzen hinweg zu beantworten, wird eine allein Zentren orientierte Politik gegen den ländlichen Raum in Gang gesetzt, die gerade für Nordsachsen verhängnisvoll ist. Obwohl es seit Jahren Staatsverträge mit Sachsen-Anhalt und Brandenburg zur Länderkooperation gibt, der Mitteldeutsche Verkehrsverbund erfolgreich arbeitet und sogar regierungsamtlich die „Mitteldeutschland-initiative“ mit einer „Mitteldeutschen Metropolregion“ rund um Leipzig und Halle existiert, schert sich die Staatsregierung um eine zukunftsfähige länderübergreifende Zusammenarbeit überhaupt nicht. Das ist ein Armutszeugnis aus dem Innenministerium. Intelligente Landesplanung sieht anders aus!

Der von der Landesregierung vorgelegte „Beteiligungsentwurf“ für den Landesentwicklungsplan 2012 (LEP) ist ein kleinkariertes, ängstliches und ideenloses Dokument.

Statt Entwicklungsimpulse für den Zeitraum bis 2025 zu geben und die neuen Herausforderungen des demografischen Wandels, der Ressourcenknappheit, des Klimawandels  und der Kooperation über die Ländergrenzen hinweg zu beantworten, wird eine allein Zentren orientierte Politik gegen den ländlichen Raum in Gang gesetzt, die gerade für Nordsachsen verhängnisvoll ist. Obwohl es seit Jahren Staatsverträge mit Sachsen-Anhalt und Brandenburg zur Länderkooperation gibt, der Mitteldeutsche Verkehrsverbund erfolgreich arbeitet und sogar regierungsamtlich die „Mitteldeutschland-initiative“ mit einer „Mitteldeutschen Metropolregion“ rund um Leipzig und Halle existiert, schert sich die Staatsregierung um eine zukunftsfähige länderübergreifende Zusammenarbeit überhaupt nicht. Das ist ein Armutszeugnis aus dem Innenministerium. Intelligente Landesplanung sieht anders aus!

Es dürfte deutschlandweit einmalig sein, dass sich die Staatsregierung traut, den Landesentwicklungsplan fortzuschreiben, ohne dass ein beschlossener Landesverkehrsplan existiert. Bekanntlich ist dessen Vorgänger, der fachliche Entwicklungsplan Verkehr zum 31.12. 2011 ausgelaufen. Mangels Vorhandenseins einer fundierten Verkehrsfachplanung verwundert es dann auch kaum noch, dass das für unseren Landkreis strategisch wichtige Straßenbauvorhaben einer vierspurigen B 87n zwischen Leipzig nach Torgau und weiter nach Cottbus und Mittelpolen lediglich mit einer dürren Fußnote Beachtung findet. Eine derartige Herabstufung der B 87n ist regionalpolitisch unverantwortlich und fachpolitisch inkompetent. Wenn dann seitens der Staatsregierung auch noch mit fragwürdiger Logik argumentiert wird, dass das vorhandene Verkehrsaufkommen auf dieser Transitachse keinen Bedarf an einem vierspurigen Ausbau zeige, ist das ein klassischer Zirkelschluss. Natürlich ist zunächst einmal ein attraktives Angebot vorzuhalten, ehe überhaupt eine aussagefähige Nachfrage und damit ein belastbarer Bedarf entstehen können.

 

Völlig unverständlich ist die Herabstufung des bisherigen vollwertigen Mittelzentrums Delitzsch, das nunmehr nur noch abgewertet und mit entsprechenden Fördermittelnachteilen als „Mittelzentrum als Ergänzungsstandort im ländlichen Raum“ eingestuft wird. Die LINKE setzt sichvehement dafür ein, dass Delitzsch auch weiterhin als Mittelzentrum ohne Einschränkungen ausgewiesen wird. Sowohl von der Einwohnerzahl als auch von der Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze her liegt Delitzsch deutlich über allen anderen Mittelzentren als Ergänzungsstandort in Sachsen. Delitzsch ist mit rund 26.000 Einwohnern die einwohnerstärkste Stadt in Nordsachsen, deutlich vor dem vollwertigen Mittel-zentrum Torgau (rund 19.500) und befindet sich bei diesem Kriterium sogar im Mittelfeld aller “echten“ Mittelzentren in Sachsen. Selbst die Kernstadt von Delitzsch mit etwa 21.000 Einwohnern überschreitet das von der Staatsregierung vorgegebene Kriterium von 15.000 Einwohnern deutlich. Auch mit rund 7250 sozial-versicherungspflichtigen Arbeitsplätzen (2010) ist Delitzsch gut aufgestellt.

Unzweifelhaft ist Delitzsch nach wie vor ein leistungsstarker und vollwertiger Versorgungs-, Bildungs- und Wirtschaftsstandort mit einem eigenständigen und stabilen Verflechtungsbereich, dem der Rang eines vollwertigen Mittelzentrums zukommt. Lediglich das Kriterium „Einwohnerzahl im mittelzentralen Verflechtungsbereich“ wird bedingt durch die Nähe zu Leipzig und zu Sachsen-Anhalt unterschritten. Allerdings war dies auch bereits bei der letzten Planfortschreibung im Jahr 2003 der Fall, ohne dass daran Anstoß genommen wurde. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass es intensive Pendlerbeziehungen nach Bitterfeld-Wolfen und in die Gemeinden Muldestausee, Raguhn-Jeßnitz, Landsberg, Zörbig und Bad Schmiedeberg gibt, so dass der reale Verflechtungsbereich von Delitzsch bis weit nach Sachsen-Anhalt hinein reicht.  Auch im Interesse der Planungskontinuität sollte die Stadt Delitzsch als die drittgrößte in der Planungsregion Leipzig-Westsachsen (nach Leipzig und Grimma) im Rahmen einer Einzelfallprüfung weiterhin als vollwertiges Mittelzentrum ausgewiesen werden.

 

Mit geradezu verräterischer Offenheit behandelt der Landesentwicklungsplan die angeblichfreiwilligen Gemeindezusammenschlüsse. Wenn im LEP ernsthaft gefordert wird, dass sich die neue Gemeindestruktur an den auszuweisenden Grundzentren orientieren soll, kann von tatsächlicher Freiwilligkeit und kommunaler Selbstverwaltung keine Rede mehr sein. Im Übrigen werden hier einmal mehr die Entwicklungschancen des ländlichen Raumes torpediert.

Widersprüchlich und ausgesprochen kleinmütig sind die Vorgaben im Planentwurf des LEP zu den Bildungseinrichtungen. Nach den umfangreichen Schulschließungen in Sachsen seit 1996 (zuerst Grundschulen, ab 2000 Mittelschulen und Gymnasien) gibt es bereits eine weitgehende Ausdünnung des Schulnetzes, vor allem im ländlichen Raum. Daher ist im LEP dringend der Bestandsschutz aller bestehenden Schulen im ländlichen Bereich zu fordern. Mit der gegenwärtigen Formulierung könnten Einrichtungen in nicht-zentralen Orten wie etwa die Mittel- und Grundschule in Mockrehna, die Mittelschule Krostitz oder die Grundschule Löbnitz über kurz oder lang in Frage gestellt werden. Die Forderung im LEP sollte daher lauten, dass Grundschulen mindestens in allen zentralen Orten und Mittelschulen mindestens in allen Mittelzentren zu sichern sind. Da die Landkreise als Träger der Schulnetzplanung die regionalen Besonderheiten einschließlich der gewachsenen Schulstrukturen zu berücksichtigen haben, sollte ein genehmigter Schulnetzplan als konkrete Fachplanung für die Schulstandorte gelten und nicht durch den Landesentwicklungsplan konterkariert werden.

Außerordentlich stiefmütterlich werden die Volkshochschulen und die Musikschulen im LEP bedacht. Während letztere dort überhaupt nicht auftauchen, obwohl Musikschulen laut Kulturraumgesetz als regional bedeutsame Pflichtaufgabe eingestuft werden, sollen Volkshochschulen nur noch „bei Bedarf“ vorgehalten werden. Wie die Praxis zeigt, ist ein realer Bedarf an Erwachsenenbildung sehr wohl vorhanden, und zwar nicht nur in den Mittelzentren. Würde dieser zukünftig in Frage gestellt, wären der Privatisierung oder gar der Abschaffung der Volkshochschulen Tür und Tor geöffnet. Einer solchen verhängnisvollen Entwick-lung wird sich die LINKE mit aller Macht entgegenstellen.

Widersprüchlich ist nicht zuletzt die Aussage im LEP zu denKindertagesstätten. Einerseits sollen diese flächendeckend, wohnortnah und bedarfsgerecht vorgehalten werden, was wir ausdrücklich unterstützen. Andererseits soll sich das Netz der KiTAS an den Grundschulen orientieren. Während Grundschulen leider nicht einmal in allen zentralen Orten dauerhaft gesichert sind, ist die Kinder-tagesbetreuung nicht an Mindestkinderzahlen gebunden und damit ausdrücklich eine Aufgabe für alle Gemeinden.

Insgesamt gibt der Entwurf des LEP leider nur höchst unzureichende Antworten auf die herangereiften Probleme und Herausforderungen. Nur Sparen und Kürzen ist kein Gestaltungskonzept und erst recht keine Politik, schon gar keine Entwicklungspolitik.Die LINKE erwartet eine grundlegende Überarbeitung des Planentwurfs im Sinne eines lebenswerten Nordsachsen.

Dr. Michael Friedrich

Fraktionsvorsitzender