„Die Idee für ein Repair-Café in Torgau gibt es schon ein paar Jahre“

Torgauer Zeitung

Elektrotechniker Ulf Podbielski und seine Freunde wollen einen Reparaturdienst aufbauen.

 

Torgau. Über Nachhaltigkeit wird schon lange auch in der Torgauer Region nicht mehr nur geredet, sondern Ideen in allen Lebensbereichen dazu entwickelt und umgesetzt. Bei Ulf Podbielski und Freunden wurde Nachhaltigkeit mit der Reparatur der eigenen kleinen Elektrogeräte durch gegenseitige Hilfe Realität. Was im kleinen Kreis super funktionierte, könnte auch in größerem Umfang erfolgreich sein. Ein Repair-Café soll deshalb in Torgau entstehen. Wir erkundigten uns bei Ulf Podbielski.

Wie und wann ist die Idee für ein Repair-Café in Torgau entstanden?

Die Idee gibt es eigentlich schon ein paar Jahre. Im beruflichen und privaten Umfeld habe ich mich immer mal darüber mit anderen ausgetauscht. Anlass bot meist ein defektes Haushaltsgerät, was man wieder repariert hat, weil es wegzuschmeißen viel zu schade wäre. Nicht immer klappt es wirklich, aber mehrere Kaffeeautomaten, Toaster, Geschirrspüler und andere Geräte konnten so „wiederbelebt“ werden. Neben der Nachhaltigkeit spielt immer öfter eine emotionale Bindung zu den Geräten eine Rolle. Ganz automatisch kam dann die Frage auf, wollen wir so etwas nicht auch einem größeren Personenkreis in einem Teil unserer Freizeit anbieten. Manchmal kann so etwas auch ein Ausgleich zum beruflichen Alltag sein.

Gibt es da einen beruflichen Hintergrund?

Alle, die bisher mitmachen wollen, haben eine technische Ausbildung und viele Jahre Berufserfahrung. Ich habe nach dem Abitur eine Elektromechanikerlehre absolviert, ehe ich mein Diplom als Elektrotechniker abgelegt habe. Seit dem beschäftige ich mich mit dem weltweiten Service für Industrieanlagen. Dies umfasst die Fehlersuche in der Gesamtanlage, den Austausch und die Reparatur von Einzelkomponenten. In Fachkreisen heißt das Retrofit. Es beinhaltet den Ersatz älterer Bausteine durch aktuelle, ohne gleich die gesamte Anlage tauschen zu müssen. Funktionserweiterungen kommen ebenso dadurch vor. Ein anderes Mal reicht mal „nur“ eine Beratung/Consulting. Dies spart Anlagenbetreiber meist viel Geld und Zeit im Vergleich zu einer neuen Maschine. Diese Erfahrungen, die ich mit anderen vielfach an vielen hundert Tonnen schweren Anlagen gesammelt habe, kommen uns natürlich auch bei den größtenteils, wenige Kilo schweren Haushaltsgeräten zugute.

Welche Geräte könnten sie sich vorstellen zu reparieren und welche nicht?

Repariert werden könnten zum Beispiel Haushaltskleingeräte wie Kaffeemaschinen, Staubsauger, ältere Radiogeräte, DDR-Elektrogeräte und -Elektronik. Nicht angedacht sind momentan Reparaturen für Haushaltsgroßgeräte wie Waschmaschinen oder Kühlschranke, Handys, aktuelle Unterhaltungselektronik. Dafür gibt es qualifizierte Handwerksbetriebe im Raum Torgau, die teilweise auch für den sächsischen Reparaturbonus zertifiziert sind. Zudem können wir nicht für alle Geräte eine Reparatur garantieren, denn es kommt auf die Ersatzteilverfügbarkeit oder auch den Zerstörungsgrad an.

Welche Kosten würden für eine Reparatur entstehen?

Die Ersatzteile müssten bezahlt werden, das Reparaturteam würde sich auch über eine kleine Spende für Kaffee und Nervennahrung freuen. Über die Spenden und eventuelle Fördermittel ist angedacht, dann auch der Maschinenpark zu erweitern. Angedacht ist hier beispielsweise einen 3D-Drucker anzuschaffen, damit defekte mechanische Kleinteile wie Zahnräder, Hebel, Tasterabdeckungen möglichst gleich vor Ort gedruckt und eingebaut werden können.

Sie haben über Soziale Medien Ihre Idee zur Diskussion in der Region gestellt. Wie war die Resonanz darauf und wie weit ist die Umsetzung aktuell?

Hätten Sie mich vor einer Woche gefragt, hätte ich geantwortet, wir stehen ganz am Anfang. Die Umfrage, die ich am letzten Freitag da startete, hat einiges geändert. Mit so viel positiven Reaktionen und Unterstützungsangeboten hätte ich nicht gerechnet. So gibt es zwei Vereine, die uns direkt unterstützen wollen und auch gemeinsam als Träger des Repair-Cafés zur Verfügung stehen würden. Auch erste Ideen für Räume, die mit genutzt werden könnten, gibt es bereits. Innenstadtmanagerin Stefanie Stramm will uns helfen und bot die Räume ihres neuen Domizils in der Bäckerstraße an.

Können Sie schon konkrete Namen nennen?

Da möchte ich noch ein paar Tage warten, bis alles etwas konkreter ist, da es bis jetzt nur kurze erste Gespräche gab. Es stehen noch Gespräche mit weiteren potenziellen Unterstützern aus und es müssen noch viele organisatorische, rechtliche und finanzielle Fragen geklärt werden, aber wir sind auf einem guten Weg.

Suchen Sie noch weitere Mitstreiter?

Klares ja. Zum einen gibt es bestimmt viele Gebiete, die wir mit unseren Erfahrungen noch nicht abdecken können. Zum anderen könnten wir uns vorstellen, unser Wissen weiterzugeben und selber dazuzulernen. Da wir das Repair-Café nicht als sterile Reparaturwerkstatt betreiben wollen, sondern auch als Begegnungsstätte sehen, sind auch Mitstreiter gerne gesehen, die die Bastelcrew und die Besucher etwas umsorgen und auch mal tröstende Worte spenden.

Welche Wünsche und Ideen für die Zukunft haben Sie?

Da gibt es ganz viel. So könnten wir uns nach einer positiven Anlaufphase in der Torgauer Innenstadt auch vorstellen „Außentermine“ wie in Dommitzsch, Belgern/Schildau, Ostelbien, Torgau-Nordwest anzubieten. Wenn es Interesse gibt, könnte man das Angebot auch inhaltlich ausbauen. Aber erst einmal muss man sehen, wie das Angebot angenommen wird und welche Kooperationspartner Lust zum Mitmachen haben. Ein wichtiger Faktor ist natürlich auch die Zeit, die das Projekt in Anspruch nimmt. Da alle bisherigen möglichen Mitstreiter noch voll im Berufsleben stehen, das ganze Projekt ja ehrenamtlich geplant ist und viele noch ehrenamtlich in anderen Organisationen eingebunden sind, steht kein unendlicher Zeitfonds zur Verfügung.

Gibt es schon einen ersten Termin?

Einen konkreten Termin gibt es noch nicht, aber wenn es weiter so hürdenfrei läuft und Unterstützung hinzukommt, könnte ich mir durchaus einen Termin Ende März vorstellen. Klar, es gibt noch viele offene Fragen wie Garantieleistungen, Versicherungsschutz, Aspekte der Sicherheit und Ähnliches. Ich hoffe, dass wir da von den aktuell in Deutschland rund 1060 gelisteten Repair-Cafés an Wissen profitieren können.

Wie kann man Sie kontaktieren?

Möglich wäre eine Kontaktaufnahme per E-Mail über RepairCafe-TG@t-online.de