Etwas mehr als vier Millionen Euro will der Landkreis Nordsachsen in den nächsten Jahren in ein neues Projekt des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) investieren. Der Freistaat Sachsen unterstützt das Vorhaben mit einer Förderquote von 95 Prozent.

Torgauer Zeitung

Thomas Schmidt (CDU), Staatsminister für Regionalentwicklung, hat am Mittwochnachmittag den entsprechenden Bescheid im Oschatzer Betriebshof des kreiseigenen Busunternehmens Nordsachsen Mobil an dessen Geschäftsführer Holger Klemens sowie Landrat Kai Emanuel (CDU) übergeben.

 

Das Projekt heißt „Platooning“ und stellt eine Weiterentwicklung des selbstfahrenden Busses Flash (FahrerLoses Automatisiertes SHuttle) dar, der nach Forschung und Erprobung mittlerweile Teil des regulären Fahrplanes ist. Er verbindet den S-Bahnhof Rackwitz mit der Schladitzer Bucht und dem Biedermeierstrand Hayna.

Der nächste Schritt ist, ein System zu entwickeln, das zwei fahrerlose Busse so koppelt, dass sie wie ein Bus mit Anhänger funktionieren. Andererseits sollen beide Fahrzeuge auch unabhängig voneinander eingesetzt werden können.

Damit ist klar, dass der „Anhänger“ nicht physisch mit der Zugmaschine verbunden sein wird, so wie das noch von früheren Bauarten bekannt ist. Wenn die Fahrzeuge gemeinsam unterwegs sind, werden sie über Sensorik und Rechentechnik auf dem gemeinsamen Weg gehalten.

Mit dieser Technologie will Nordsachsen Mobil einem grundlegenden Problem bei der Verkehrsplanung begegnen. „Wir haben am Morgen eine Nachfragespitze“, erläutert Holger Klemens. „Fahrzeuge, die diese Kapazität haben, sind dann mehrere Stunden nur schlecht ausgelastet unterwegs, bevor zuerst die Schüler wieder nach Hause fahren und dann die Berufstätigen nach Schicht- und Büroschluss.“ Mit den gekoppelten Bussen könnte man die Spitzen bedienen, anschließend mit den einzeln gesteuerten Fahrzeugen das normale Tagesgeschäft. Natürlich sollen die Fahrzeuge über einen Elektroantrieb verfügen und über eine Rampe auch das Ein- und Aussteigen von Personen ermöglichen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.

Landrat Kai Emanuel schwebt noch etwas anderes vor: „Mit einem Schwarm solcher Fahrzeuge könnte man Mobilität im ländlichen Raum flexibel und über 24 Stunden an sieben Wochentagen anbieten.“ Dann müsse nicht jeder Haushalt auf dem Land zwei oder mehr Autos haben, damit jeder jederzeit an das von ihm gewünschte Ziel gelangen kann.

Das wäre die Wende von teuren automatisierten Fahrzeugen für Gutverdienende hin zu einer automatisierten Mobilität für alle. „Wir müssen flexible Lösungen für den ÖPNV finden, die sich der Flexibilität des Autos annähern.“ In diesem Zusammenhang sprach er von einer Vision des Nahverkehrs, wie er in 25 Jahren aussehen könnte.

Für das Projekt gibt es einen ambitionierten Zeitplan. Während Unternehmenschef Klemens dem Staatsminister – so wie das zum Beginn einer Entwicklung nicht verwundern kann – am Mittwoch lediglich Skizzen präsentieren konnte, soll Mitte 2025 die Erprobung beginnen – noch ohne Fahrgäste. Diese sollen dann gegen Ende des kommenden Jahres einsteigen können.

Eine Teststrecke ist auch schon ausgewählt: voraussichtlich vom Bahnhof Schkeuditz um den Flughafen herum, weiter in Richtung Radefeld und dann zur Strecke des Flash-Busses. Auf seine Frage, welche Fahrzeuge zum Einsatz kommen sollen, erfuhr der Minister, dass diese in Chemnitz hergestellt werden.