Juristische Winkelzüge verbieten sich. Die AfD politisch stellen!

Dr. Michael Friedrich

Zur andauernden jedoch ziemlich fruchtlosen Debatte, ob es Sinn macht, der erstarkten AfD über juristische Winkelzüge das Wasser abzugraben, sagt Dr. Michael Friedrich, Vorsitzender der LINKEN im Kreistag Nordsachsen:

Unbestritten ist es beängstigend, dass die offen Ausländer- und demokratiefeindliche AfD in drei Bundesländern bei den anstehenden Landtagswahlen bei deutlich über 30 Prozent landen und die stärksten Fraktionen stellen könnte. Deshalb ist es mehr als geboten, den vielen „Protest“- und „Schnauze-voll“-Menschen, die viele gute Gründe haben, gegen die unsoziale, abgehobene und dazu noch handwerklich gruselig schlecht gemachte Politik der Ampel auf die Straße zu gehen, zu verdeutlichen, welche fatalen Folgen die Wahl dieser Partei haben kann.

Wenn einige Medien jedoch pauschal die grob gerechnet 34% Wählerinnen und Wähler, die in Sachsen am 01.09.24 bei der AfD ihr Kreuz machen wollen, pauschal als Neonazis bezeichnen und dabei nicht nur Björn Höcke und seinen widerlichen Flügel, sondern die gesamte Partei meinen, ist das blindwütig und hilflos. Zweifellos trifft die Bezeichnung  „gesichert rechtsextrem“ auf wichtige Protagonisten dieser Partei und auch den Sächsischen Landesverband zu, wie nicht zuletzt unlängst das finstere Geheimtreffen in Potsdam zum Thema „Remigration“ gezeigt hat. Keinesfalls aber darf die übergroße Mehrzahl der Wählerinnen und Wähler dieser Partei pauschal in diese Schublade gesteckt werden. Wenn dennoch von einigen Politikern gefordert wird, kurz vor den Wahlen den Artikel 18 des Grundgesetzes zu ziehen und über einem Drittel der Wählerinnen und Wähler in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen das passive Wahlrecht zu entziehen, wäre das nicht nur juristisch ein Ritt auf des Messers Schneide. Es wäre vor allem politisch verhängnisvoll, denn das Signal wäre:

Weil wir nicht mehr wissen, wie wir das Spiel gewinnen können, ändern wir einfach mal kurzerhand die Spielregeln. Wir sorgen dafür, dass die unliebsamen Kandidatinnen und Kandidaten von den Listen verschwinden, und schon ist die Welt wieder in Ordnung.

Natürlich ist damit gar nichts in Ordnung, ganz im Gegenteil! Ändert sich damit etwa irgendetwas an der Stimmung in der Bevölkerung? Ist damit gar eine bessere Politik in Sicht? Ich befürchte, solch ein Vorgehen könnte vielmehr nach hinten losgehen und erst recht die Spaltung in der Gesellschaft vertiefen. Es würde zu einem massiven Solidarisierungseffekt mit dieser Partei kommen, ganz egal, ob ein langwieriges Verbotsverfahren gelingt oder nicht. Auch wäre es abenteuerlich, einfach mal so ein rundes Drittel der Wahlbevölkerung unter rechtsextremen Generalverdacht zu stellen und damit de facto von der repräsentativen Demokratie auszuschließen.

Wirklich „wehrhafte Demokratie“ sollte sich doch zutrauen und versuchen, möglichst viele der gegenwärtigen AfD-Sympathisanten davon zu überzeugen, dass diese falsch liegen und sogar ihren eigenen Interessen schaden, wenn sie ein Wahlkreuz bei dieser Partei machen. Deshalb sollten wir nicht acht Monate vor der Wahl mit juristischen Winkelzügen tricksen. Vielmehr müssen wir uns nicht nur klar von der AfD abgrenzen, sondern diese Partei politisch stellen und dort wo nötig ihre unsäglichen Vorhaben wie die angestrebte „Remigration“ von Millionen Menschen, die rückwärts gewandte Europapolitik oder die Verächtlichmachung unserer demokratischen Institutionen entlarven. Dies muss natürlich mit attraktiven und überzeugenden eigenen Politikangeboten verbunden sein, denn die Ampel wird erkennbar bis zu ihrem Ende spätestens im Jahr 2025 nichts Wesentliches mehr liefern. In diesem Sinne wird unsere Fraktion in den wenigen Monaten bis zur Kommunalwahl am 09.06.2024 wirken!