Knapp 40 000 Menschen mit Job müssen aufstocken

LVZ

Staatliche Unterstützung trotz Vollzeitjobs: Im Freistaat trifft das noch immer sehr viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.

Hart arbeiten, dennoch wenig verdienen und deshalb noch Leistungen vom Staat beziehen, um über die Runden zu kommen: In Sachsen liegt die Zahl der Aufstocker und Aufstockerinnen noch immer sehr hoch bei knapp 40 000 Erwerbstätigen, ist aber leicht zurückgegangen. So erhielten im November 2022 insgesamt 38 513 Menschen Regelleistungen der Grundsicherung (SGB II) und damit Unterstützung von den Jobcentern. Das geht aus einer Antwort der schwarz-grün-roten Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im sächsischen Landtag hervor. Die genaue Aufschlüsselung stammt aus dem Haus von Sozialministerin Petra Köpping (SPD) und lag der LVZ am Sonntag vor.

Ein Jahr zuvor, im November 2021, waren es dagegen noch 43 428 Empfängerinnen und Empfänger, die trotz Jobs staatliche Leistungen zum Lebensunterhalt bezogen. Der Anteil der erwerbstätigen Leistungsberechtigten, bezogen auf alle Leistungsempfänger in der Grundsicherung, lag im November 2022 bei 
16,1 Prozent und damit 3,8 Prozentpunkte unter dem Vergleichswert von November 2021. Erwerbstätige haben immer dann Anspruch auf die Aufstockung mit Bürgergeld (Arbeitslosengeld II), wenn das Einkommen des Haushalts selbst bei Vollzeitarbeit unterhalb des im SGB II (Sozialgesetzbuch) definierten Existenzminimums liegt.

In Sachsen trifft dieses Los offenbar noch immer viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. „Es ist ein Unding, dass immer noch knapp 40 000 Menschen in Sachsen zum Amt gehen müssen, obwohl sie arbeiten – und das oft in Vollzeit“, kritisierte Susanne Schaper, sozialpolitische Sprecherin der Linken, die veröffentlichte Analyse. „Unternehmerinnen und Unternehmer, die ihren Beschäftigten einen guten Lohn vorenthalten, werden so von den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern alimentiert. Das ist ungerecht!“ Die Ursachen der weiterhin hohen Aufstockungszahlen im Freistaat liegen für die Linken klar auf der Hand: Noch immer werde in vielen Branchen zu schlecht bezahlt, lautet die Generalkritik. „Sachsen darf kein Niedriglohnland mehr sein, dafür muss die Regierung endlich Druck machen“, monierte deshalb Sozialpolitikerin Schaper. „Ministerpräsident Kretschmer und sein Kabinett müssen endlich das neue Vergabegesetz vorlegen, das sie versprochen haben. Staatliche Aufträge dürfen nur noch an Unternehmen gehen, die ihre Leute ordentlich bezahlen“, forderte sie.

Aufgeschlüsselt auf die Berufsgruppen ergibt sich Stand November 2022, dass der weitaus größte Teil der Aufstocker aus der Branche der Reinigungsdienste kommt (2849). Knapp dahinter folgt die Verkaufsbranche (2616). Aber auch in den Bereichen Verkehr- und Logistik (1691), Tourismus- und Hotel (1605) sowie Erziehung und hauswirtschaftliche Berufe (1418) brauchen viele Menschen noch staatliche Unterstützung, um ihr Leben würdig zu bestreiten.