LINKE kritisiert massive Zweckentfremdung von Geldern des Bildungs- und Teilhabepakets

Dr. Michael Friedrich

Vor einigen Tagen hat Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen mit viel öffentlichem Tam-Tam das einjährige Jubiläum des Bildungs- und Teilhabepakets gefeiert. Das Paket habe seine Anfangsschwierigkeiten überwunden und beginne jetzt „umfassend zu greifen“.

Vor einigen Tagen hat Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen mit viel öffentlichem Tam-Tam das einjährige Jubiläum des Bildungs- und Teilhabepakets gefeiert. Das Paket habe seine Anfangsschwierigkeiten überwunden und beginne jetzt „umfassend zu greifen“.

Davon kann nach unseren Beobachtungen keine Rede sein. Vielmehr ist für die LINKE die Bilanz dieses Pakets einfach nur peinlich.

Nach Aussagen des Sozialdezernenten Günther Sirrenberg werden in Nordsachsen gegenwärtig nur rund 51 % der anspruchsberechtigten Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 0 und 27 Jahren von diesem Paket erreicht. Dieses unbefriedigende Ergebnis gibt es trotz  gezielter Öffentlichkeitsarbeit der Kreisverwaltung und des Jobcenters, die sich die Zuständigkeiten für die verschiedenen Leistungen wie Zuschüsse zum Schulessen, zur Lernförderung, zum Schulbedarf, zu Klassenfahrten, zur Schülerbeförderung und zu den Mitgliedsbeiträgen in Vereinen und Musikschulen teilen.

Wenn nach einem ganzen Jahr Gesetzesvollzug nicht mehr gelingt als nur etwa jeden zweiten der potentiellen Adressaten zu erreichen, ist das Gesetzesziel verfehlt. Eine Ursache dafür dürfte in den nach wie vor äußerst schwerfälligen Antragsverfahren liegen. Statt die Gelder unkompliziert direkt über die Schulen oder die Vereine abzurechnen, bedarf es für jede einzelne Leistung individueller Anträge. Dieser hohe bürokratische Aufwand schreckt verständlicherweise viele Eltern und Jugendliche ab, überhaupt erst Anträge zu stellen. Lieber lassen sie die Leistungen verfallen.

So verwundert es dann auch nicht, dass von den erhöhten Bundeszuschüssen in Höhe von rund 4,6 Mio. Euro, die Nordsachsen über deutlich erhöhte KdU-Zuweisungen (Kosten der Unterkunft für HARTZ IV Betroffene) zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets im Jahr 2011 erhalten hat, ein beträchtlicher Teil nicht dem Zweck entsprechend eingesetzt werden konnte. Nach Aussagen des Kämmerers Kai Emanuel flossen im vergangenen Jahr rund 2,177 Mio. Euro aus diesen erhöhten Bundeszuschüssen in die Gesamtdeckung des Haushaltes. Dafür den Kämmerer zu schelten wäre unredlich, denn natürlich hat der Kämmerer Schulden abzubauen und Fehlbedarfe zu vermeiden.

Zu schelten ist vielmehr die Flickschusterei um das monströse Bildungs- und Teilhabepaket, das an der Lebenswirklichkeit derer, die wirklich Unterstützung benötigen, vorbei geht. Viel besser wäre es den HARTZ-IV-Kindersatz deutlich zu erhöhen und mehr Geld in eine bessere Ausstattung der Schulen und mehr Lehrer zu stecken, damit diese die von ihnen erwartete Arbeit auch leisten können.

 
Dr. Michael Friedrich
Fraktionsvorsitzender LINKE