Nordsachsens Sportvereine wachsen kräftig – und damit die Probleme

LVZ, Delitzsch-Eilenburg

251 Sportvereine gibt es im Kreis, ebenso groß ist die Bandbreite der angebotenen Sportarten. Die Nachfrage steigt, was fehlt sind genügend Hallenzeiten und ausreichend Übungsleiter.

Von Fußball bis Handball, von Leichtathletik bis Turnen, von Segeln bis Tennis: Die Sportlandschaft in Nordsachsen ist denkbar vielfältig – und offenbar in diesen Tagen so beliebt wie lange nicht. Zwar ist die aktuelle Sporterhebung noch nicht vollständig abgeschlossen, ein deutlich positiver Trend ist jedoch erkennbar. Der allerdings bringt als Kehrseite auch neue Herausforderungen für viele Vereine mit sich.

Negativtrend durch Corona ist inzwischen gebrochen

„Generell kann man sagen, dass wir das Vor-Corona-Niveau in Sachen Mitgliedschaften sogar übertreffen werden“, zieht Sven Kaminski, Geschäftsführer des Kreissportbunds, eine erste Bilanz. Die Marke von 33 000 Vereinsmitgliedern in den 251 Vereinen im Landkreis werde wohl überschritten. „Im Schnitt melden die Vereine einen Zuwachs zwischen 4 und 6 Prozent“, rechnet Kaminski vor. Aus seiner Sicht ein Beleg für die enorme Zugkraft, die der Vereinssport – insbesondere in der Breite – in Nordsachsen entwickeln kann.

Der Negativtrend aus Coronazeiten, als sich viele Sportgruppen teils sogar ganz auflösten, sei umgekehrt, so Kaminski. Insbesondere im Nachwuchsbereich bei Kindern und Kleinkindern, aber auch unter den Senioren gebe es teils starke Zuwächse. Eine Tendenz, die sich in den kommenden Jahren noch verstärken dürfte: „Die Babyboomer-Generation kommt jetzt langsam ins Rentenalter – und sucht dann neue Aktivitäten. In diesem Bereich dürfte sich die nächsten Jahre noch einiges tun“, schätzt Kaminski ein.

Der Zulauf sorgt für volle Hallen – und für Wartelisten

Die generell positive Entwicklung stellt indes so manchen Verein vor neue Hürden. Das wurde jüngst am Beispiel des TSV Rackwitz deutlich: Dieser erfreut sich großen Zulaufs, gerät allerdings trotz zweier verfügbarer Hallen mittlerweile an seine Kapazitätsgrenzen. Die Folge: Gerade im Winter verkürzte Trainingszeiten und ein steigender Organisationsaufwand. Abhilfe in Form eines Hallenneubaus ist dagegen nicht in Sicht – zu teuer sei ein solches Vorhaben trotz Förderoptionen für den Verein und die klamme Kommune, so TSV-Chef Andreas Hempel.

Ähnlich stellt sich die Situation bei vielen Vereinen dar. Vor allem Kinder- und Seniorensport seien stark nachgefragt, heißt es. Die Folge: Immer öfter muss mit Wartelisten gearbeitet – oder auf alternative Angebote ausgewichen werden. „Unsere Hallen sind eigentlich rund um die Uhr belegt“, erklärt etwa Simone Klein, Vorsitzende des Krostitzer Sportvereins. Während morgens die örtlichen Schulkinder die Einrichtungen in Beschlag nehmen, rücken am Nachmittag die KSV-Abteilungen an. Am Wochenende stehen Wettkämpfe und Veranstaltungen auf dem Plan. Immerhin: Dank guter Kontakte zu umliegenden Vereinen finde sich bislang oft eine Lösung. „Und wenn gar nichts mehr geht, gehen wir eben auch mal Schwimmen oder zum Bowling“, so Klein.

Ähnliches ist aus Bad Düben zu hören. 621 Mitglieder zählt dort der TV Blau-Gelb, allein 489 davon sind Kinder und Jugendliche unter 17 Jahren. Selbst aus dem Umland pendeln die Nachwuchssportler in die Kurstadt. Mit zwei Hallen und der neuen Kinderbewegungswelt ist man beim TV zwar aktuell noch recht gut aufgestellt. Kritisch könnte mittelfristig aber insbesondere die Zahl der Übungsleiter werden, denn: Große Gruppen, insbesondere Kinder, können nicht nur von einer Einzelperson betreut werden. Abhilfe, heißt es, könnte eine bessere Vergütung der Trainerinnen und Trainer schaffen – nicht zuletzt, um das Ehrenamt noch stärker zu würdigen.

Kreissportbund lobt Politik, sieht aber Verbesserungsbedarf

Beim Kreissportbund sieht man insbesondere die Politik weiter in der Pflicht – auch wenn die bisher schon viel für den Sport getan habe. „Die Übungsleiterentschädigung ist in den letzten Jahren ebenso gestiegen wie das Fördervolumen für Großsportgeräte“, betont Sven Kaminski. Wichtig sei nun, die Kommunen finanziell besser auszustatten, damit diese beim Sportstättenausbau zügiger vorankommen können. Bisher würde oft erst investiert, wenn es eigentlich schon zu spät sei. Und noch etwas sei wichtig: „Die nötigen Schritte sollten immer mit den Vereinen zusammen gegangen werden. Denn gemeinsam ergeben sich oft andere Optionen, als sie der Politik allein offenstehen.“