Pflegekosten: Wann zahlt das Sozialamt und was passiert mit eigenem Vermögen?

Torgauer Zeitung

Immer öfter können Menschen nicht den Eigenanteil fürs Heim aufbringen. Antworten auf Fragen zum Beantragen, zum Schonvermögen und zur Beschäftigung mit dem Thema in jungen Jahren.

Wer das Sozialamt aufsucht, weil er den Eigenanteil für die Pflegekosten nicht stemmen kann, muss wissen, was das für das eigene Vermögen bedeuten kann. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema – mit Hilfe der Verbraucherzentrale Sachsen (VZS) und des Sozialverbands VdK Sachsen.

Mit Fragen zu Pflegebedürftigkeit oder einer Heimunterbringung sollte man sich nicht erst im Alter befassen. Stattdessen rät die VZS allen Volljährigen, sich möglichst früh um Absicherung und persönliche Vorsorge zu kümmern. Durch Erkrankungen oder Unfälle kann man bereits in jungen Jahren pflegebedürftig werden. Private Vorsorge ist in jedem Fall sinnvoll, etwa durch Ersparnisse oder über eine Pflegezusatzversicherung. Hierzu ist eine genaue Beratung nötig – zum Beispiel bei den Verbraucherzentralen. Darüber hinaus sollte unbedingt an eine Vorsorgevollmacht gedacht werden. Mit einer solchen Vollmacht kann eine Vertrauensperson bevollmächtigt werden, die sich im Vorsorgefall um die tatsächlichen und rechtlichen Angelegenheiten kümmern darf.

Wenn die Pflegekosten nicht aufgebracht werden können, sollte ein Antrag auf „Hilfe zur Pflege“ beim Sozialamt am Wohnort gestellt werden.

Es ist in jedem Fall aufwendig und umfangreich. Der Antragsteller muss seine Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse komplett offenlegen.

Der Antrag auf „Hilfe zur Pflege“ muss in der Behörde vorliegen. Die Behörde springt ein, wenn Bedürftigkeit im Sinne des Sozialgesetzbuches XII festgestellt wird. Das heißt: Wenn jemand die notwendigen Pflegekosten nicht aus eigenen Mitteln aufbringen kann. In diesem Zusammenhang werden die Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse genau unter die Lupe genommen. Berücksichtigt werden dabei unter anderem Renten, Aktienfonds, Festgeld, Immobilien, Schmuck und Kunstgegenstände.

Grundsätzlich müssen alle laufenden Einkünfte und wesentlichen Vermögenswerte für die Kosten der Pflege eingesetzt werden. Es gibt ein sogenanntes Schonvermögen in Höhe von 10 000 Euro, das nicht angegriffen wird. Details regelt das Sozialgesetzbuch XII (Paragraf 90). Jeder Einzelfall wird genau betrachtet. „Möglich ist etwa, dass ein Haus nicht verwertet wird, wenn der Ehepartner dort noch wohnt oder dass essenziell bedeutsame Vermögensgegenstände einer Familie nicht beansprucht werden“, sagt Micaela Schwanenberg, Referentin für Rechtsfragen bei der VZS.

 

Dazu beraten VZS und VdK nicht. Denkbar sind grundsätzlich Überschreibungen oder Schenkungen an die Erben. Die sollten aber sehr früh stattfinden: Sozialämter prüfen rückwirkend bis zu zehn Jahre zurück und ergründen auch, wohin Vermögenswerte in dieser Zeit gewandert sind. Diese können dann verwendet werden – in Form einer Rückabwicklung einer Schenkung. Hintergrund: Juristen sprechen in solchen Fällen von einer „Herbeiführung der Hilfsbedürftigkeit“ – es sollen nicht zu Lasten der Sozialkassen hohe Vermögenswerte vererbt werden.

Ehegatten sind grundsätzlich dazu verpflichtet, sich gegenseitig Familienunterhalt zu leisten. Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster aus dem Jahr 2018 geht sogar davon aus, dass es dem unterhaltspflichtigen Ehegatten zuzumuten ist, zur Begleichung von Heim- und Pflegekosten auch eigenes verwertbares Vermögen wie beispielsweise eine Immobilie einzusetzen. „In der Regel ist eine Verwertung der selbst bewohnten Immobilie aber nicht notwendig – erst nach dem Tod des letzten Ehepartners wird die Forderung des Sozialamtes gegenüber den Erben gestellt“, teilt der Sozialverband VdK Sachsen mit, verweist aber darauf, dass er zu Fragen des Familienunterhalts nicht beraten darf.

Theoretisch ja – allerdings wurden die Selbstbehalte für Kinder relativ hoch heraufgesetzt. Der Durchschnittsverdiener muss sich in der Regel keine Sorgen machen: Wer unter einem Brutto-Jahreseinkommen von 100 000 Euro liegt, wird nicht herangezogen. Dabei geht es nur um das theoretisch unterhaltspflichtige Kind – nicht um das Einkommen des Ehegatten.

Ja, es gibt ein Wunschrecht – auch für Pflegebedürftige, die Unterstützung vom Sozialamt erhalten. „Die Behörde kann aber im Rahmen der Angemessenheit Grenzen setzen, etwa mit Blick auf ausgewiesene Luxuseinrichtungen“, erklärt VZS-Expertin Schwanenberg. Davon abgesehen sei es sogar wichtig, selbst aktiv zu werden und frühzeitig ein Heim zu suchen, weil die Kapazitäten in den Einrichtungen beschränkt sind.

Individuelle Beratungen gibt es beispielsweise bei Interessenvertretungen von Pflegebedürftigen, PflegenetzwerkenÄmtern und Anwälten. Auch in allen sächsischen Beratungsstellen des VdK erhalten Ratsuchende Auskünfte und sozialrechtliche Unterstützung (www.vdk.de/sachsen). Die Verbraucherzentrale Sachsen berät individuell derzeit nur zu Fragen rund um Heimverträge, Entgelterhöhungen oder Pflegemängel, nicht aber zu „Hilfen zur Pflege“, Pflegegraden und zur Pflegebegutachtung.