Polizeireform hängt den ländlichen Raum ab

Dr. Michael Friedrich

Bei den gestern vorgestellten Plänen von Innenminister Ulbig (CDU) zum Feinkonzept der Polizeireform kommt Nordsachsen auf den ersten Blick mit zukünftig immerhin noch vier Polizeirevieren in Delitzsch, Eilenburg, Torgau und Oschatz im Vergleich zu anderen Landesteilen relativ glimpflich davon.

Bei den gestern vorgestellten Plänen von Innenminister Ulbig (CDU) zum Feinkonzept der Polizeireform kommt Nordsachsen auf den ersten Blick mit zukünftig immerhin noch vier Polizeirevieren in Delitzsch, Eilenburg, Torgau und Oschatz im Vergleich zu anderen Landesteilen relativ glimpflich davon. Kritisch hinterfragt werden muss allerdings, wie der Innenminister und Polizeipräsident Merbitz ihr vollmundiges Versprechen einhalten wollen, keinen einzigen der bisherigen polizeilichen Standorte zu schließen und gleichzeitig 2.631 Stellen bis zum Jahr 2020 abzubauen.

 

Dieses mathematische Wunder gelingt nur deshalb, weil fast die Hälfte aller bisherigen Polizeireviere zu einfachen „Polizeistandorten“ degradiert wird. So sollen in Städten wie Schkeuditz, Taucha und Bad Düben künftig nur noch  Bürgerpolizisten und der Kriminaldienst weiter tätig sein. Es ist aber eine totale Überforderung der zwei, drei oder vier Bürgerpolizisten in den genannten Städten, wenn sie in Größenordnungen hoheitliche Aufgaben der regulären Polizei übernehmen sollen. Bürgerpolizisten waren im bisherigen Verständnis schon aufgrund ihrer fehlenden vertieften polizeifachlichen Ausbildung so etwas wie ein zusätzliches Plus für das Sicherheitsgefühl der Bürger, niemals aber als  Ersatz für die Polizei gedacht. Sie jetzt aus Haushaltsgründen vor das Loch der vorgesehenen Stellenkürzungen zu schieben ist äußerst fragwürdig, sachfremd und unkollegial. Im Übrigen sind Bürgerpolizisten und der Kriminaldienst im Normalfall auch nur zwischen 8 und 16 Uhr, maximal bis 18 Uhr vor Ort präsent, danach ist Schluss mit der sichtbaren und direkt ansprechbaren Polizei. Die zentrale Frage lautet doch: Wie schnell kann die Polizei im Ernstfall vor Ort sein, wenn Gefahr droht? Wie weit muss ein Streifenwagen fahren, ehe er Bürgern in Not helfen kann?

 

Dezentrale und flexible Polizeiwachen mit ausreichend vielen Beamten wären hier die richtige Lösung. Dafür müsste es neben einer fundierten Aufgabenkritik der Polizei auch eine kritische Analyse der Einsatzzeiten bei Blaulichteinsätzen geben. Wenn bereits heute ohne den Stellenabbau laut einer Kleinen Anfrage im Landtag durchschnittlich 24 Minuten zwischen Notruf und Eintreffen der Polizei vergehen, mag das zwar bei einem Laubeneinbruch noch hinnehmbar sein, bei vielen anderen Delikten aber wie Körperverletzung, häuslicher Gewalt, Suizid oder Bedrohung sind diese Fristen indiskutabel. Dennoch wird unter dem Zwang des Rotstiftes des Finanzministers weiter ausgedünnt und zentralisiert. Entgegen anderweitigen Versprechungen wird der ländliche Raum abgehängt.

 

Dr. Michael Friedrich

Vorsitzender Fraktion DIE LINKE