Sachsens neuer Krankenhausplan und die Folgen für Patienten und Kliniken

Torgauer Zeitung

Das Gesundheitsministerium in Dresden hat eine Konzeption für die Klinikversorgung im Freistaat erarbeitet. Was steht in dem Papier – und was bedeuten die Neuerungen?

Dresden. Was bringt der Krankenhausplan den Kliniken im Freistaat – und ist er angesichts der kommenden Reform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) überhaupt sinnvoll? Fragen und Antworten rund um das 90 Seiten starke Papier aus Dresden.

Die 76 Kliniken im Freistaat werden in verschiedene Versorgungsstufen eingeteilt: drei Maximalversorger (Unikliniken Leipzig und Dresden sowie Klinikum Chemnitz); elf Schwerpunktversorger (große Anbieter mit Chirurgie, Innerer Medizin, Frauenheilkunde, Geburtshilfe, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kinder- und Jugendmedizin, Urologie – weitere Fachbereiche sind möglich) sowie 38 Regelversorger (mindestens Chirurgie und Innere Medizin).

Neu hinzu kommt die Kategorie „Regelversorger mit dem Zusatz Gesundheitszentrum“. Dort gibt es nur noch eine Chirurgie oder eine Innere Medizin (oder beide Bereiche in reduziertem Umfang); bei Bedarf können weitere Fachbereiche angeboten werden. Die Notaufnahmen bleiben bestehen. Auch die
24 Fachkrankenhäuser werden erhalten. Zudem übernehmen Spezialzentren an verschiedenen Häusern die Behandlung und Koordination bestimmter Patienten – etwa bei Krebs oder Rheuma, seltenen Krankheiten, Adipositas oder im Bereich der Infektiologie.

Es werden rund 750 von bisher 25 544 Betten abgebaut. Aber:
85 zusätzliche Betten erhalten die psychischen Fachgebiete. Mit dem Schrumpfen der Kapazität soll dem Fachkräftemangel ebenso begegnet werden wie durch drei neue Medizinische Berufsfachschulen in Kreischa (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge), Coswig (Landkreis Meißen) und Bennewitz (Landkreis Leipzig).

 

Der neue Krankenhausplan greift auch die demografische Entwicklung auf. Kliniken können auf den steigenden Bedarf an geriatrischen Angeboten flexibel reagieren und ab sofort problemlos entsprechende Abteilungen gründen. Denn der Anteil der Älteren steigt in Sachsen zusehends – deshalb kommen alterstypische Krankheiten häufiger vor.

Für die meisten ändert sich durch den Plan nichts. Es werden zwei Kliniken vom Regelversorger zum Gesundheitszentrum herabgestuft – in Radeburg und Weißwasser. Die Klinik in Dippoldiswalde wird zu einem ambulanten Facharztzen-
trum umgebaut, das hat aber nichts mit dem Krankenhausplan zu tun. Borna und Bautzen werden zu Schwerpunktversorgern hochgestuft. Wichtig für Patientinnen und Patienten: Mit dem Krankenhausplan sollen keine Kürzungen des Leistungsangebots an einzelnen Standorten verbunden sein. Für die Kliniken ist wesentlich, dass sie zumindest eine mittelfristige Planungssicherheit erhalten, wie Friedrich München erklärt, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen. Denn: Eine Neuregelung nach der Lauterbach-Reform würde wohl erst 2027 oder 2028 greifen, die Kliniken bräuchten aber schon jetzt eine Grundlage.

Nicht zwangsläufig, denn die künftige Krankenhausreform des Bundes könnte noch Einschnitte mit sich bringen. Allerdings ist die sächsische Kliniklandschaft nach der Wende bereits stark ausgedünnt worden. Deshalb wird im Freistaat davon ausgegangen, dass sich die Änderungen oder Streichungen aufgrund der Lauterbach-Reform in Grenzen halten könnten.

Dabei geht es etwa um eine verstärkte Spezialisierung und sogenannte Leistungsgruppen. So werden unter anderem für die Bereiche Viszeral- und Gefäßchirurgie, Endoprothetik oder Kardiologie neue Standards für die Einrichtung und Zahl der nötigen Fachärzte definiert. Wer die Vorgaben nicht erfüllen kann, etwa weil Personal fehlt, soll die Leistung nicht mehr anbieten dürfen. Schon heute gibt es verstärkte Qualitätsvorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses, zum Beispiel in Form von Mindestmengen für die Behandlung von Brustkrebspatientinnen.

Für die konkrete Krankenhausplanung – und auch die notwendigen Investitionen etwa in Technik und OP-Säle – ist jeweils das Bundesland zuständig. Sachsen gibt damit also den Rahmen für die medizinische Versorgung vor. Dagegen zahlt der Bund die Betriebskosten. Aufgrund steigender Energie-, Dienstleistungs- und Warenpreise werden die Kosten laut Krankenhausgesellschaft aber nur noch unzureichend gedeckt. Bei der angedachten Lauterbach-Reform handelt es sich auch um ein Sparprogramm.

 

Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) bezeichnet den neuen Krankenhausplan als „Übergangslösung“. Hintergrund ist, dass unklar ist, wann die Lauterbach-Reform tatsächlich kommen wird. Der sächsische Plan war bereits fünf Jahre alt und inzwischen in vielen Punkten überholt. Außerdem sollte auf die demografische Entwicklung eingegangen werden, wie sich beispielsweise an den neuen Möglichkeiten für geriatrische Zentren zeigt.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat zwar Eckpunkte vorgelegt, die als Grundlage für seine Reform dienen sollen – aber nicht nur der Zeitpunkt des Inkrafttretens ist noch unklar, sondern auch die genaue Ausgestaltung. Kurz gesagt: Es steht ein Rahmen fest, aber nichts Konkretes. Zudem laufen regelmäßig Gespräche zwischen Bund und Ländern, die weitere Änderungen an den ursprünglichen Lauterbach-Plänen betreffen.

Keine Frage: In einigen Jahren werden sich weitere Kliniken spezialisieren, etwa wenn es um Knie- und Hüft-Operationen oder Eingriffe am Herzen geht. Die sogenannten Schwerpunktversorger könnten solche Aufgaben mit übernehmen. Darüber hinaus greift der sächsische Krankenhausplan in einem wesentlichen Punkt der Lauterbach-Reform bereits vor: Das neue Nebeneinander von ambulantem und stationärem Bereich wird an zunächst zwei Standorten gestartet, in Weißwasser (Landkreis Görlitz) und in Radeburg (Landkreis Meißen) – weitere sollen folgen.

Friedrich München, der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen, sieht den neuen Krankenhausplan positiv: Man habe nun Rechtssicherheit für die nächsten zwei bis drei Jahre. Standorte wie in Weißwasser ließen sich in ihrer bisherigen Form gar nicht mehr betreiben – durch die Einführung der Gesundheitszentren könne die Versorgung vor Ort gesichert werden. Dass alle Kliniken geriatrische Abteilungen gründen dürfen, sei ebenfalls eine Verbesserung, so München.

 

Der Verband der Ersatzkassen (VDEK) begrüßt die Neufassung ebenfalls. Dem demografischen Wandel werde damit zunehmend Rechnung getragen, erklärt Silke Heinke, die Leiterin der VDEK-Landesvertretung. Mit der Aufnahme von Gesundheitszentren würden stationärer und ambulanter Sektor stärker miteinander verbunden. „Damit geht Sachsen einen wichtigen Schritt für eine nachhaltige Gesundheitsversorgung“, betont Heinke. Gerade mit Blick auf die geplante Reform des Bundes bleibe aber die Finanzierung der Invest- und Transformationskosten weiter ungeklärt.