Sächsischer Doppelhaushalt belastet das Vertrauensverhältnis zu den Kommunen

Dr. Michael Friedrich

Die jüngsten Haushaltsbeschlüsse des Landtages belasten das sensible Verhältnis zwischen dem Freistaat und seinen Kommunen schwer. So nimmt die Regierung Tillich sehenden Auges in Kauf, dass beim so wichtigen Finanzausgleichsgesetz die zentralen Elemente Vertrauen und Verlässlichkeit zu Fremdworten mutieren.

Die jüngsten Haushaltsbeschlüsse des Landtages belasten das sensible Verhältnis zwischen dem Freistaat und seinen Kommunen schwer. So nimmt die Regierung Tillich sehenden Auges in Kauf, dass beim so wichtigen  Finanzausgleichsgesetz die zentralen Elemente Vertrauen und Verlässlichkeit zu Fremdworten mutieren. Anders als in der Vergangenheit wird den Kommunen ohne Not in kleinkarierter Weise vorgegeben, welche Investitionszwecke sie mit den knappen Mitteln zu bedienen haben. Damit werden die Kreistage, aber ebenso die Stadt- und Gemeinderäte in einschneidender Weise entmündigt. Offenbar wird denen seitens der Regierung eine verantwortungsvolle Investitionsplanung nicht mehr zugetraut. Hier auf Ortskenntnis und auf kommunale Vernunft statt auf Dresdner Zentralismus zu setzen, hätte keinen einzigen Euro mehr gekostet.

Besonders fatal für unseren Landkreis ist, dass der Staatsregierung rein gar nichts eingefallen ist, wie die immensen Haushaltsdefizite der Landkreisebene aufzufangen sind. Die strukturellen Haushaltsprobleme Nordsachsens sind bekanntlich nur die Spitze eines gigantischen Eisberges, der sich immer weiter aufbaut. Neun von zehn Landkreisen werden ab 2011 ihre Haushalte nicht mehr schließen können. Bis 2014 soll sich laut Antwort der Staatsregierung auf eine Kleine Anfrage diese Fehlsumme auf über 600 Mio. Euro aufaddieren. Die schwarz-gelbe Koalition aber sitzt das Problem nach dem Motto der drei Affen mutig aus und schwadroniert gar dreist darüber, dass Sachsen zum Geberland werden könnte.

Auch ich bin strikt dafür, keine neuen Schulden aufzunehmen. Wohl aber wäre es gerade kommenden Generationen gegenüber vertretbar gewesen, die Schuldentilgung in den Zeiten der Krise von gegenwärtig 75 Mio. Euro pro Jahr für einige Zeit auszusetzen oder zumindest langsamer zu tilgen. Auch wäre es keinesfalls verantwortungslos, vorübergehend den Pensionsfonds etwas weniger stark anzu-sparen. Den politischen Willen vorausgesetzt, wäre es ohne besondere Schwierigkeiten möglich gewesen, bei einem Gesamthaushalt von rund 15 Mrd. Euro pro Jahr etwa 50 – 60  Mio. Euro freizusetzen, um die schlimmsten und auch finanzpolitisch kontraproduktiven Kürzungen z. B. bei der Jugendpauschale, bei den Kulturräumen oder im Bereich des ÖPNV zu vermeiden.

Dass knallharte Politik und mitnichten nur die viel zitierten Sachzwänge den Haushalt bestimmt haben, kann man besonders deutlich am skandalösen Umgang der Staatsregierung mit dem bürgerschaftlichen Engagement in seiner ganzen demokratischen Vielfalt erkennen. Was sich hier die schwarz-gelbe Koalition geleistet hat, spottet jeder Beschreibung. Wer den Regierungskurs nicht zu 100 % vertritt oder diesem gar kritisch gegenüber steht, dem wird der Geldhahn zugedreht. Beispiele dafür sind die Landes-Senioren-Vertretung oder der Landesfrauenrat, die wichtige basisdemokratische  Gremien zur Koordinierung der Hilfe für kommunale Strukturen sind. Das aber ist offensichtlich nicht mehr gewünscht. So verhindert man bürgerschaftliches Engagement und provoziert weitere Politikverdrossenheit.

Da hilft dann garantiert auch keine „Dachmarke“ für den Freistaat mehr, für die das Land zweistellige Millionenbeträge in die Hand nehmen will. Der politische Schaden, der mit dem sächsischen Doppelhaushalt angerichtet worden ist, passt ohnehin unter kein Dach. Auf die teure Beauftragung einer entsprechenden PR-Agentur sollte getrost verzichtet werden.

Dr. Michael Friedrich

Fraktionsvorsitzender