Staat zahlt in Nordsachsen Millionen für Unterkünfte

Torgauer Zeitung

Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt fordert mehr Sozialwohnungen statt Mietzuschüsse.

 

Nordsachsen. Der Staat lässt sich die Unterstützung fürs Wohnen im Kreis Nordsachsen einiges kosten. Er zahlt bei den Mieten kräftig mit: Rund 5800 Haushalte mit insgesamt 9700 Menschen im Landkreis Nordsachsen unterstützte der Staat im letzten Herbst bei den Kosten der Unterkunft (KdU), teilte die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) mit. Dabei geht es um Mietzahlungen vom Job-Center für Bürgergeld-Empfänger.

Allein für die Kaltmiete wurden im letzten Oktober bei den Kosten der Unterkunft im Landkreis Nordsachsen mehr als 1,7 Millionen Euro an die Vermieter überwiesen. Das geht aus der aktuellen Statistik der Bundesagentur für Arbeit hervor, auf die die IG Bau verweist. „Dazu kommt Monat für Monat noch einmal eine stattliche Summe fürs Wohngeld. Ebenso übernimmt der Staat über die Job-Center-Zahlungen hinaus die Kosten der Unterkunft für viele weitere Menschen, die darauf angewiesen sind: Ältere mit knapper Rente zum Beispiel“, so die IG Bau Nord-West-Sachsen.

Unterm Strich gebe der Staat damit im Kreis Nordsachsen viel Geld für Miete aus, um Menschen das Wohnen überhaupt ermöglichen zu können. „Und das, obwohl der Kreis Nordsachsen nicht gerade zu den wirklich angespannten Wohnungsmärkten zählt. Immerhin liegen die gezahlten Mieten bei den Kosten der Unterkunft hier im bundesweiten Vergleich in der unteren Hälfte des Spektrums, in dem der Staat sonst KdU-Mieten bezahlt“, so die Gewerkschaft. Dies gehe aus einer Auswertung von Daten der Bundesagentur für Arbeit hervor, die das Pestel-Institut (Hannover) im Auftrag der IG Bau gemacht hat.

„Um es klar zu sagen: Es ist richtig und wichtig, dass der Staat Wohngeld zahlt und dass er die Kosten der Unterkunft übernimmt. Noch besser sind aber Sozialwohnungen. Sie machen den Staat unabhängig von jeder Miet-Preistreiberei auf dem Wohnungsmarkt. Auf Dauer sind sie also die günstigere Lösung für die Staatskasse. Außerdem sind Sozialwohnungen die beste Mietpreis-Bremse für den Wohnungsmarkt“, sagt Bernd Günther von der Gewerkschaft.

Ein wichtiger Punkt, der auch für mehr Sozialwohnungen im Kreis Nordsachsen spreche, sei die Verteilungsfrage: „Der Staat könnte dann nämlich vor allem auch Menschen leichter mit einer Wohnung versorgen, die es auf dem Wohnungsmarkt immer schwer haben: Haushalte mit geringem Einkommen, Alleinerziehende, Schwangere, Familien mit mehreren Kindern. Insbesondere aber auch Behinderte, psychisch Kranke, Wohnungslose und Vorbestrafte. Sie alle hätten dann endlich bessere Chancen, wieder leichter auf dem Wohnungsmarkt im Kreis Nordsachsen Fuß zu fassen“, sagt Günther.

Der Bezirksvorsitzende appelliert daher an die Bundes- und Landtagsabgeordneten im Kreis Nordsachsen, sich für die Schaffung von Sozialwohnungen stark zu machen – bundesweit, vor allem aber auch in Sachsen: „Denn jede einmalige Förderung, durch die eine neue Sozialwohnung entsteht, erspart dem Staat erhebliche Summen, die er sonst auf Dauer für die Unterstützung bei der Miete ausgeben müsste. Das ist eine einfache Rechnung, die vor allem der Bund, aber auch das Land Sachsen spätestens dann beherrschen müssen, wenn die Sozialausgaben durch die Decke gehen: nämlich jetzt.“

Deshalb unterstützt die IG Bau Nord-West-Sachsen die Forderung vom Bündnis „Soziales Wohnen“ nach einem bundesweiten „Sofort-Budget Sozialwohnungsbau“ von 50 Milliarden Euro. „Bund und Länder müssen jetzt Geld für den Neubau von Sozialwohnungen bereitstellen. Das gilt auch für Sachsen. Nur so kann die Bundesregierung es noch schaffen, ihr Versprechen nicht komplett zu brechen: Nämlich 100.000 neu gebaute Sozialwohnungen pro Jahr, die es geben soll. Und die dringend gebraucht werden“, so Günther weiter. Der „Booster für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus“ müsse rasch erfolgen. Denn der Mangel an Sozialwohnungen sei „ein Akut- und kein Übermorgenproblem“.