Städte und Gemeinden wollen von grüner Stromproduktion profitieren

LVZ, Delitzsch-Eilenburg

Um Delitzsch dominiert eher die Windkraft. Bei Eilenburg setzt man mehr auf Solar. Und in Bad Düben? Ein aktueller Überblick über Millioneninvestitionen in Wind- und Solarparks und den Stand der Umsetzung.

Nordsachsen.

Seitdem die Produktion von erneuerbarer Energie auch dort Geld bringen kann, wo sich das Windrad dreht und die Sonne Strom produziert, bewegt sich einiges. Konkret können Gemeinden seit 2023 vertraglich vereinbaren, dass sie mit 0,2 Cent je produzierter Kilowattstunde beteiligt werden. Die Angaben, wie viel Geld das für die Kommunen bedeutet, differieren. Dennoch sollten bei Solarparks je nach Leistung 2000 bis 2700 Euro pro Hektar und Jahr möglich sein. Für jedes Windrad der neueren Generation können Kommunen mit etwa 20 000 bis 30 000 Euro rechnen.

▶ Wer zeitig dran war, wird bestraft

Im Paragrafen 6 des Erneuerbaren Energie Gesetzes wird dies zwar explizit auch für bestehende Anlagen erlaubt, ist aber nicht bindend. Wenn der Gesetzgeber da nicht nachbessert, sind Gemeinden, die erneuerbaren Energien frühzeitig offen gegenüberstanden, die Dummen. Denn freiwillig, so zumindest das Umfrageergebnis der LVZ unter den Gemeinden im Delitzscher und Eilenburger Raum, zahlt bisher keiner. Für die Kommunen ist das mehr als ärgerlich, denn in Nordsachsen wird schon jetzt viel grüner Strom produziert.

▶ Im Raum Delitzsch drehen sich zehn Windräder

In Delitzsch gibt es mit dem Windpark in Selben (hier drehen sich sechs von zehn Windräder auf Delitzscher Gemarkung) und in Zaasch/Rödgen (vier) zwei Windparkflächen. Zudem produziert die Sonne in Solarparks, wie denen in Benndorf, im Ziehwerk, im Bereich der Bahntrasse Halle-Eilenburg und am Grünen Ring, Strom. Hinzu kommen in Delitzsch eine Vielzahl von Aufdach-Flächenanlagen, so etwa bei Rail Maint und dem ehemaligen Ziehwerk.

In Delitzsch würden zunehmend Unternehmen vorsprechen, die neue Wind- und Solarparks errichten wollen, so die Stadtverwaltung Delitzsch. Konkretes sei aber noch nicht darunter.

▶ Der größte Windpark im westlichen Nordsachsen

In Krostitz befindet sich in der Nähe der Ortslage Kletzen, gemeindeübergreifend zu Rackwitz, der mit 19 Anlagen größte Windpark in der Region. Er liefert eine Leistung von 14,4 Megawatt. „Die Gemeinden“, so der Krostitzer Bürgermeister Oliver Kläring (CDU), „generieren daraus keine Einnahmen.“ Dies sei allerdings nach der Änderung der Gesetze in Prüfung. Weitere Planungen für Wind- und Solarparks gibt es in Krostitz derzeit nicht.

Auch in Rackwitz, so Bürgermeister Steffen Schwalbe (parteilos), liegen derzeit keine neuen Anträge für Windräder oder Solarparks vor. Bei Windrädern gebe es durch das Luftverkehrsgesetz für den Flughafen Leipzig-Halle auch Grenzen, die neue und deutlich höhere Anlagen in der Effizienz und Effektivität beschränken würden. In Sachen Solar verweist Steffen Schwalbe zudem darauf, dass sich große Flächen im naturschutzfachlichen Schutzgebiet der Bergbaufolgelandschaft Delitzsch befinden.

Derzeit gibt es auf dem Gebiet der Gemeinde Rackwitz die bei Krostitz erwähnten Windräder sowie im Bereich Solar 309 Freiflächen und Hausdach-PV-Anlagen mit einer Bruttoleistung von 24,6 MWh. Da die Anlagen alle vor dem Inkrafttreten der Änderungen am Erneuerbaren Energiegesetz in Betrieb gegangen sind, profitiert die Gemeinde aber nur über die Gewerbesteuer.

▶ Schönwölkau hat Vorentscheidung getroffen

Auf Schönwölkauer Gemarkung dreht sich derzeit nur ein Windrad, das aber zum Windpark Selben gehört. „Die 0,2 Cent für jede kWh, die hier produziert wird, hätten wir trotzdem gern“, so der Schönwölkauer Bürgermeister Jens Kottenhahn (SPD). Entschieden hat sich der Gemeinderat bereits, wie es die Vorgaben des Bundes, zwei Prozent der Flächen für Windkraft auszuweisen, erfüllt. „Konkret handelt es sich dabei um 98 Hektar nördlich von Badrina.“ Dies habe den Vorteil, dass der Gemeinde hier selbst Flächen gehören. Zudem würde der Windpark an die Flächen angrenzen, die Bad Düben dafür im Blick habe.

In Sachen Solar gibt es im Ortsteil Wannewitz ein erstes Vorhaben eines privaten Investors. Im Bereich der ehemaligen Kiesgrube mit entsprechend ertragsarmen Böden soll hier eine Fläche von 37 Hektar Solarpark werden.

▶ Flughafen Roitzschjora sorgt für spezielle Situation

In Löbnitz dreht sich derzeit kein Windrad. „Wir haben hier mit dem Flughafen Roitzschjora eine spezielle Situation“, so Bürgermeister Detlef Hoffmann (CU). Derzeit werde geklärt, inwieweit wegen des Flugplatzes Windräder überhaupt genehmigungsfähig sind. Bei Solar sieht es anders aus. Hier gibt es zwar ebenfalls noch keinen Solarpark, doch für eine etwa 60 Hektar große Fläche zwischen Reibitz in Richtung Löbnitz entsprechende Vorstellungen. „Hier sind wir aber erst noch am Anfang“, so der Bürgermeister.

In Wiedemar ist der Zaascher Windpark mit 14 Anlagen und einer Gesamtleistung von 9,52 Megawatt nach dem in Krostitz/Rackwitz der zweitgrößte Windpark im Delitzscher Raum. 13 der 14 Räder drehen sich seit dem Jahr 2000 auf der Gemarkung Wiedemar. Hinzu kommen vier Windräder in Kölsa und je zwei in Lissa und Wiesenena. Prinzipiell, so der Bürgermeister Steve Ganzer (CDU), müsse jetzt geschaut werden, dass sich Wiedemar mit weiteren Anlagen und den einzuhaltenden Abständen nicht die Entwicklung in den Orten verbaue. In Sachen Solar gibt es in Wiedemar derzeit keine Pläne für größere Anlagen.

▶ Im Eilenburger Raum dominiert Solar

Während im Delitzscher Raum sich bisher vor allem Windräder drehen, spielt im Eilenburger Raum, und hier speziell in Doberschütz, vor allem Solarkraft eine Rolle. Doberschütz wird nach LVZ-Recherchen auch die erste Kommune hierzulande sein, die von der seit 2023 im nivellierten Erneuerbaren Energie Gesetz eingeräumten Möglichkeit profitiert.

Der 4000-Einwohner-Ort mit vielen kiesigen und damit überwiegend landwirtwirtschaftlich eher nicht ganz so attraktiven Böden spielt in Nordsachsen bei Solarenergie eine Vorreiterrolle. Allerdings hat auch Doberschütz das Pech, dass auf der Roten Jahne auf 48 Hektar und im Gewerbegebiet Sprotta-Paschwitz auf 18 Hektar schon vor den 2023 beschlossenen Neuregelungen des Erneuerbaren Energien-Gesetzes Sonnenstrom produziert wird.

▶ Doberschütz macht weitere „Deckel drauf“

„Doch wir haben rund weitere 150 Hektar in der Pipeline“, so Bürgermeister Roland Märtz (CDU). Er rechnet bei den Erträgen mit 2000 Euro je Hektar lieber konservativ und tritt auch auf die Erwartungsbremse. Es bliebe abzuwarten, ob alles so genehmigt werde. Doberschütz will unabhängig davon nach den jetzt schon auf den Weg gebrachten Vorhaben den „Deckel zu machen“. Das erste Geld wird von den 6,5 Hektar auf der Roten Jahne kommen, wo demnächst Strom produziert wird. Bürgermeister Roland Märtz: „Wir rechnen 2025 für 2024 mit den ersten Einnahmen.“

Ihre prinzipielle Zustimmung gaben die Räte zudem bisher zwei privaten Investoren, die in Mölbitz zehn Hektar beziehungsweise in Paschwitz-Böhlitz 45 Hektar mit Solarpaneelen bestücken wollen. Im September 2023 beziehungsweise im Februar 2024 stimmten die Räte zudem den Vorhaben der Agrargenossenschaft Sprotta und dem der Agrargenossenschaft Doberschütz zu. Die eine will 32 Hektar südlich der Roten Jahne, die andere 66 Hektar in Doberschütz in einen Solarpark umwandeln. In aller Regel vergehen aber zwischen der ersten Grundsatzentscheidung bis zum Zeitpunkt, wo tatsächlich Strom produziert wird, zwei bis drei Jahre.

Für Doberschütz lohnt sich das Ganze. Denn selbst wenn am Ende nur 100 Hektar genehmigt werden sollten, würde das auch bei konservativer Einnahmeschätzung von 2000 Euro je Hektar über mindestens 20 Jahre jeweils 200 000 frei verfügbare Euro in die Gemeindekasse spülen. Roland Märtz, der sich wie andere Kommunen auch, vom Gesetzgeber eine Gleichstellung bei bereits bestehenden Anlagen wünscht, stellt daher klar: „Ohne die Beteiligung von 0,2 Cent je kWh geht bei uns nichts mehr.“

▶ Zschepplin hält zwei Solarflächen für möglich

In der Gemeinde Zscheppelin gibt es zwei größere Solar-Vorhaben. Dabei handelt es sich zum einen um einen 64 Hektar großen Solarpark, den die Leipziger Stadtwerke zwischen Zschepplin und Hohenprießnitz an der B 107 errichten wollen. Der Gemeinderat hatte dem Ansinnen bereits Anfang 2023 zugestimmt. „Inzwischen“, so Bürgermeister Kay Kunath, „wurde der städtebauliche Vertrag unterschrieben.“ Die Leipziger wollen hier jährlich ab Herbst 2024 rund 73 Millionen kWh Strom produzieren, was rein rechnerisch für 22 500 Haushalte reicht. Der Gemeinde wurden dabei mindestens 20 Jahre lang Einnahmen in Höhe von 150 000 bis 160 000 Euro jährlich in Aussicht gestellt.

Das zweite Zscheppliner Solarprojekt ist mit rund 60 Hektar ähnlich groß. Hier will Trianel Energieprojekte, bei der es sich um eine deutschlandweite Stadtwerke-Kooperation handelt, einen 500-Meter breiten Korridor entlang der Bahntrassen bei Naundorf mit Solarpaneelen bestücken. Der Gemeinderat hatte dem im April 2023 zugestimmt. Bürgermeister Kay Kunath (parteilos): „Hier liegt der Entwurf des städtebaulichen Vertrages jetzt beim Investor.“

Auch hier kann die Gemeinde mit 0,2 Cent je produzierter Kilowattstunde rechnen. Trianel geht nach der Inbetriebnahme von einer jährlichen Überweisung in Höhe von rund 2700 Euro je Hektar Solarparkfläche aus, was 162 000 Euro jährlich in die Gemeindekasse spülen würde.

▶ Info-Veranstaltung zu möglichem Windpark

In Zschepplin ist zudem auch ein Windpark im Gespräch. Auch wenn dazu erst am Donnerstag, dem 29. Februar, um 17.30 Uhr, in der Turnhalle Zschepplin eine Informationsveranstaltung stattfindet, hat sich bereits eine Gruppe Gegenwind formiert. Im Gespräch sind acht bis zehn Windräder, die sich im Dreieck, das die Ortschaften Krippehna, Zschepplin und Noitzsch bilden, drehen könnten.

▶ Sonne produziert in Eilenburg-Ost Strom

In Eilenburg gibt es mit den acht Hektar am Oberförsterwerder in Eilenburg-Ost bisher nur eine Flächen-Solaranlage. Im Juni 2023 hat die Firma BaroSolar die prinzipielle Zustimmung bekommen, diese Fläche um fünf Hektar zu erweitern. Derzeit wird dafür an dem Bebauungsplan gearbeitet.

Etwas schneller könnte es am südlichen Ende der Weinbergstraße gehen. Hier will ein privater Investor etwa ein Hektar entlang der Bahnlinie mit Solarpaneelen bestücken. Da der Investor für dieses Vorhaben auf private Flächen zurückgreift, und der bei sogenannten Vorrangflächen keinen Bebauungsplan braucht, liegt hier die Baugenehmigung bereits vor. Inwieweit die Stadt hier nun von den 0,2 Cent je produzierter Kilowattstunden profitiert, muss noch ausgehandelt werden. Für Windkraft gibt es laut Aussage aus dem Rathaus derzeit keine konkret zu benennenden Vorhaben.

▶ Laußig profitiert nur indirekt

In Laußig gibt es auf der Fläche des ehemaligen Kulturhauses vom Betonwerk seit Jahren eine größere Solarfläche. Auch hier profitiert die Gemeinde nur indirekt von der Pacht. Derzeit, so bestätigt Bürgermeister Lothar Schneider (parteilos), gibt es aber etliche Interessenten, die auf landwirtschaftlichen Flächen Windkraft oder auch Photovoltaikanlagen errichten möchten. Doch konkret sei noch nichts.

▶ Spannende Überlegungen in Bad Düben

In Bad Düben, so betont Bürgermeisterin Astrid Münster (FWG), gibt es im Moment zwar gerade Pläne für eine Photovoltaikanlage auf dem Dach der kommunalen Oberschule, dessen Strom dann auch für die Heide-Grundschule, die Turnhalle und den Biberburg Hort genutzt wird. Doch ansonsten trete man mit Ausnahme einer Solarfläche im Ortsteil Brösen, wo der Boden nicht so ertragreich ist, in Sachen Solar auf die Bremse.

Auch für Windräder gibt es noch keine konkreten Pläne. Sie wolle da auch nicht der Regionalplanung vorgreifen und auf Absprachen mit angrenzenden Kommunen setzen. Trotzdem hinterfragt die Juristin schon jetzt, warum die Kommunen mit lediglich 0,2 Cent je produzierter Kilowattstunde abgespeist werden sollen. Hinzu komme, dass Bad Düben für die klimaneutrale kommunale Wärmeversorgung selbst grünen Strom braucht. Ohne Windkraft, so die Einschätzung, werde das nicht gehen. „Doch der sollte dann in Anlagen produziert werden, die sich in Kommunalhoheit befinden. Ich kann mir da auch Beteiligungsprojekte der Bürger vorstellen“, so Astrid Münster. Solche Windräder, bei denen im Idealfall auch noch eigene Leitungen ein Netzentgelt überflüssig machen, würden zudem sicher eine höhere Akzeptanz finden.

Prinzipiell ist Bad Düben, das auch als ökologische Kurstadt für sich wirbt und mehrfach mit dem European Energy Award ausgezeichnet wurde, natürlich für erneuerbare Energien offen. Daher werde im Rathaus auch begrüßt, dass im Gewerbegebiet Süd-Ost derzeit bereits der zweite Batteriespeicher gebaut wird. Mit diesen könne zu viel produzierter Strom von Sonne und Wind abgepuffert werden. „Das dient“, so sagt Astrid Münster, „nicht zuletzt auch unserer Netzstabilität.“