Steuerpolitische Geisterfahrer in Oschatz

Dr. Michael Friedrich

Es grenzt schon an die Ironie des Schicksals, wenn sich die sächsische FDP mit dem Tagungsort Oschatz für ihren letzten Landesparteitag ausgerechnet das hochverschuldete Nordsachsen zur Fortsetzung ihrer steuerpolitischen Geisterfahrt ausgesucht hat. Angesichts einer dramatischen Kassenlage in den allermeisten Kommunen wie auch im Bund und in den Ländern ist das ewige Gejammer der FDP über angeblich notwendige Steuerentlastungen schlicht Wirklichkeitsfremd.

Es grenzt schon an die Ironie des Schicksals, wenn sich die sächsische FDP mit dem Tagungsort Oschatz für ihren letzten Landesparteitag ausgerechnet das hochverschuldete Nordsachsen zur Fortsetzung ihrer steuerpolitischen Geisterfahrt ausgesucht hat. Angesichts einer dramatischen Kassenlage in den allermeisten Kommunen wie auch im Bund und in den Ländern ist das ewige Gejammer der FDP über angeblich notwendige Steuerentlastungen schlicht Wirklichkeitsfremd. Wer wirklich etwas Gutes für den Mittelstand tun will, was auch aus Sicht der LINKEN dringend notwendig ist, sollte dafür sorgen, dass vor allem die Kommunalfinanzen, für die Sachsen in den 90-er Jahren unter Biedenkopf immerhin einmal das „Musterländle“ schlechthin war, wieder ins Lot kommen.

Mit der riskant hohen Verschuldung und den absehbaren strukturellen Fehlbeträgen in den Haushalten fast aller Landkreise und großen Städte aber kommt es zum Erliegen der kommunalen Investitionstätigkeit. Das ist ganz gewiss nicht im Sinne des ortsansässigen Mittelstandes und der Selbständigen. Wenn kommunale Aufträge in Größenordnungen wegbrechen – danach sieht es bei der mittelfristigen Finanzplanung Nordsachsens leider aus – dann helfen auch die schönsten Steuersenkungen oder der Wegfall des Solidarbeitrages nichts mehr.

Die gegenwärtige Steuerschätzung mit einem Plus von über 100 Mrd. Euro für den Bund und die Länder bis zum Jahr 2016 sollte angesichts der offen zu Tage liegenden Risiken wie Banken-Krise, Griechenland, Euro-Rettungsschirm und beginnende Rezession nur mit äußerster Vorsicht genossen werden. Falls am Ende erfreulicherweise doch etwas mehr als geplant hereinkommt, sollte dieses Mehr nun wirklich nicht als Wahlgeschenk für die Klientel-Partei FDP, sondern ganz gezielt zur Stärkung der kommunalen Investitionskraft sowie zur Zurücknahme der Kürzungen im Sozialbereich eingesetzt werden.

Gerade Nordsachsen bedarf dringend eines kommunalen Investitionsprogramms, das diesen Namen wirklich verdient. Denn gegenwärtig sind in unserem kürzlich beschlossenen Kreishaushalt 2012 als Landeszuweisungen nur eine viel zu geringe Investitionspauschale in Höhe von rund 766.000 Euro nebst lächerlichen 32.654 Euro als investive Schlüsselzuweisung des Landes eingestellt. Dass wir im Jahr 2012 trotzdem mehr als 10 Mio. Euro in Baumaßnahmen und fast 1 Mio. Euro in „bewegliche Sachen“ investieren wollen, ist eine mutige Entscheidung des Kreistages. Ermöglicht wird sie nur um den Preis eines offenkundigen Substanzverzehrs, der seinen Ausdruck in unserer negativen Nettoinvestitionsrate in Höhe von rund minus 2,5 Mio. Euro findet. Dass diese Entwicklung ungesund ist  und alles andere als nachhaltig, wird spätestens mit der Einführung der Doppik offenkundig werden. Ob dies dann allerdings die in Steuerdingen autistische FDP überzeugt, ist eine ganz andere Frage.

Mit einer kräftigen kommunalen Investitionspauschale könnte Nordsachsen den nun schon viele Jahre anhaltenden schleichenden Substanzverzehr aufhalten und diesen Trend ins Positive umkehren. Mittelfristig könnten wir so wieder die gesetzlich geforderte positive Nettoinvestitionsrate darstellen. Damit wäre es endlich möglich, den offenkundigen  Investitionsstau im Bereich der meisten Schulen, vieler Sportstätten, Kindertagesstätten, Heime und auch manch einer kommunalen Straße abzubauen.

Darüber hinaus sollten bei einem absehbaren Mehr an Steuereinnahmen die im vergangenen Jahr erfolgten massiven Kürzungen im Sozial-, Bildungs- und im Jugendbereich zurückgenommen werden. Denn was nützen schön sanierte Schulen und neue Jugendhäuser, wenn das dafür benötigte Personal nicht eingestellt werden kann oder mit prekären Arbeitsverhältnissen zufrieden sein muss? Oder wenn gerade junge Menschen und Familien mit den Füßen abstimmen und das Niedriglohnland Sachsen verlassen?


Dr. Michael Friedrich
Vorsitzender Fraktion DIE LINKE