Streit um Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge in Nordsachsen

LVZ, Delitzsch-Eilenburg

Landkreis-CDU stellt sich gegen Initiative der Linken / Dringlicher Antrag im Kreistag

Nordsachsen. Soll sich der Landkreis Nordsachsen bereit erklären, zusätzliche Flüchtlinge aus den überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln aufzunehmen? Über diese Frage bahnt sich nun zwischen den Parteien in Nordsachsen Streit an. Nachdem die Linke erklärt hatte, einen entsprechenden Dringlichen Antrag in den Kreistag einzubringen (wir berichteten), kommt nun scharfer Gegenwind von der CDU. Deutschland helfe bereits intensiv mit humanitären und von Griechenland angeforderten Hilfslieferungen direkt vor Ort, argumentieren die nordsächsischen Christdemokraten.

„Wir haben immer gesagt, ein zweites 2015 wird es nicht geben. Dazu stehen wir als Kreistagsfraktion“, erklärte Rayk Bergner, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion. „Hilfe vor Ort in Griechenland und in den Herkunftsländern der Flüchtlinge empfinden wir auch als unsere christliche Verpflichtung. Das Technische Hilfswerk und das DRK haben bereits mehrere Konvois nach Griechenland entsendet. Nordsachsen wird im Rahmen der üblichen Verteilung auch künftig Flüchtlinge aufnehmen und sich um die Integration kümmern. Ein besonderes Signal, wie es linke Politiker senden wollen, halten wir für gefährlich hinsichtlich einer Sogwirkung.“

Selbstverständlich würden sich die Mitglieder der CDU-Fraktion im Kreistag alle Anträge genau anschauen und auf Umsetzbarkeit prüfen, so Bergner weiter. Nach dem, was bisher durch eine entsprechende Verlautbarung der Linken bekannt wurde, werde aber „eine klare Ablehnung der Vorschläge“ erfolgen. Auch Marian Wendt, nordsächsischer CDU-Bundestagsabgeordneter und selbst Kreistagsmitglied, hatte sich bereits kritisch zur Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge geäußert: „Nur etwa ein Drittel der Migranten auf den griechischen Inseln haben einen Schutzanspruch in Europa.“ Außerdem betonte er: „Wer vor Krieg und Vertreibung flüchtet, dem ist unsere, dem ist Europas Hilfe sicher. Wer keinen Anspruch auf Asyl hat, den müssen wir auch konsequent zurückführen.“ Zudem hatte Wendt erklärt: „So schwer es fällt, wir sollten uns jetzt nicht moralisch mit den schlimmen Bildern erpressen lassen. Schnelle Asylprüfung und damit verbundene zuverlässige Ausweisung oder eben Verteilung in Europa – darum müssen wir uns intensiv kümmern!“

Michael Friedrich, Fraktionschef der Linken im Kreistag, hatte den Dringlichen Antrag unter anderem damit begründet, dass es „nicht sein kann, dass tausende Menschen – darunter viele Kinder – monatelang unter erbärmlichen Bedingungen dahinvegetieren müssen“. Das sei menschenunwürdig und widerspreche den Wertevorstellungen der EU. Auch werde ein ungeregelter Flüchtlingszuzug wie im Jahr 2015 durch diese punktuelle und temporäre Hilfe nicht provoziert.

Konkret geht es in dem Vorschlag darum, dass der Kreistag seine Bereitschaft erklären soll, „angesichts der prekären Situation in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln, speziell im Umfeld des zerstörten Lagers Moria auf Lesbos, temporär ein begrenztes Kontingent von maximal 20 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen oder maximal 20 Flüchtlings-Familien mit Kindern in Nordsachsen aufzunehmen“. Und weiter: Der Kreistag „bittet den Landrat und seine Verwaltung, in Absprache mit den (Ober)Bürgermeistern der kreisangehörigen Städte und Gemeinden zu klären, welche räumlichen, personellen, logistischen und finanziellen Vorbereitungen notwendig sind, um für eine begrenzte Zeit diese humanitäre Hilfe außerhalb der regulären Zuweisung von Asylsuchenden zu leisten“.

Zudem weisen die Linken darauf hin, dass bereits über 150 Städte und Regionen in Deutschland ihre Bereitschaft erklärt haben, zusätzlich ein begrenztes Kontingent dieser Flüchtlinge aufzunehmen. „Nordsachsen sollte sich in diese Gemeinschaft der Hilfswilligen einreihen.“

Der nordsächsische Kreistag kommt am 14. Oktober zu seiner nächsten Sitzung zusammen.