Statement zum Entwurf des Haushaltssicherungskonzepts des Landkreises Nordsachsen für die Jahre 2010 – 2014

Dr. Michael Friedrich

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Linksfraktion hat sich auf ihrer gestrigen Fraktionssitzung in Delitzsch in einer dreistündigen angeregten Diskussion mit dem 2. Beigeordneten und Kämmerer Kai Emanuel in „erster Lesung“ mit dem Entwurf des Haushaltssicherungskonzepts (HSK) auf der Grundlage des WIBERA-Gutachtens beschäftigt. Dazu sagt der Fraktionsvorsitzende Dr. Michael Friedrich:

Die Kreisfinanzen befinden sich in außerordentlich schwierigem Fahrwasser und müssen im Interesse der baldigen Wiedererlangung unserer kommunalen Gestaltungsfähigkeit konsolidiert werden. Dieser Aufgabe wird sich die LINKE nicht verweigern, sondern einen konstruktiven Beitrag leisten.

Allerdings ist diese Mitarbeit nicht bedingungslos. Sie hat dort ihre Grenzen, wo die Konsolidierungsvorschläge der WIBERA die Axt an die Wurzeln des sozialen und kommunalen Zusammenhalts in unserem Kreisgebiet zu legen drohen.

 






















Haushaltskonsolidierung ja, aber nur mit sozialer Verantwortung!

Die Linksfraktion hat sich auf ihrer gestrigen Fraktionssitzung in Delitzsch in einer dreistündigen angeregten Diskussion mit dem 2. Beigeordneten und Kämmerer Kai Emanuel in „erster Lesung“ mit dem Entwurf des Haushaltssicherungskonzepts (HSK) auf der Grundlage des WIBERA-Gutachtens beschäftigt. Dazu sagt der Fraktionsvorsitzende Dr. Michael Friedrich:

Die Kreisfinanzen befinden sich in außerordentlich schwierigem Fahrwasser und müssen im Interesse der baldigen Wiedererlangung unserer kommunalen Gestaltungsfähigkeit konsolidiert werden. Dieser Aufgabe wird sich die LINKE nicht verweigern, sondern einen konstruktiven Beitrag leisten.  Allerdings ist diese Mitarbeit nicht bedingungslos. Sie hat dort ihre  Grenzen, wo die Konsolidierungsvorschläge der WIBERA die Axt an die Wurzeln des sozialen und kommunalen Zusammenhalts in unserem Kreisgebiet zu legen drohen.

Rund 30 der 41 vorgeschlagenen Maßnahmen liegen für uns im klar grünen Bereich. Dazu gehören ein ganzes Bündel kleinerer Einsparmaßnahmen wie z. B. bei der Öffentlichkeitsarbeit, bei Dienstreisen und vor allem beim Abbau vorhandener Doppelstrukturen wie etwa bei den Volkshochschulen, Musikschulen und beim Eigenbetrieb Rettungswesen. Eine sinnvolle Konzentration von Verwaltungsstandorten können wir mittragen, falls die Außenstellen/Bürgerämter in Delitzsch, Eilenburg und Oschatz für publikumsintensive Aufgabenbereiche wie etwa für KFZ-Zulassungen und Bauanträge erhalten bleiben. Das gilt auch für den vorgeschlagenen moderaten Personalabbau bis zum Jahr 2014, falls dieser ohne Beendigungskündigungen vollzogen wird und soziale Härten vermieden werden.

Die Vorschläge im HSK zur Einsparung an Sozialausgaben und an Schul- und Kulturausgaben klingen interessant, bedürfen aber noch einer genaueren fachpolitischen Prüfung. Vorerst im „gelben Bereich“ für uns sind die Maßnahmen zur „Senkung der Falldichte“ bei stationären Hilfen, bei der Einzelintegration , bei der Ganztagsbetreuung und bei der vollstationären Betreuung für behinderte Menschen unter 18 Jahren sowie zur „Umsteuerung“ stationärer Erziehungshilfe-Fälle von der Heimerziehung zur Vollzeitpflege. Um diese komplizierten sozialpolitischen Zusammenhänge verantwortungsbewusst zu bewerten, reicht eine allein finanzpolitische Analyse nicht aus. Das gleiche gilt für die vorgeschlagenen vorgeblich „moderaten“ Gebührenerhöhungen etwa bei den Musikschulen, den Volkshochschulen und der Sternwarte.

Wir schlagen deshalb zeitnahe Sondersitzungen  des Gesundheits- und Sozialausschusses sowie des Schul- und Kulturausschusses vor, auf denen  die fachpolitische Verträglichkeit und die Einhaltung der Sozialstandards  bei der Umsetzung dieser Maßnahmen zu prüfen ist.

Klar im „roten Bereich“ für die Linksfraktion liegt der Vorschlag der WIBERA, die Elternanteile für die Schülerbeförderung dramatisch zu erhöhen. Das würde nicht nur zu neuen sozialen Härten führen, sondern zu gravierenden Ungerechtigkeiten gerade für die Schülerinnen und Schüler im ländlichen Raum. Sie müssten noch stärker als bisher schon für die unsägliche Schulschließungspolitik des Kultusministeriums büßen.

Völlig unannehmbar für die LINKE  ist der unsolidarische Vorschlag, die Kreisumlage um fast vier Prozentpunkte auf 33,8% zu erhöhen. Wer solches beschließt, versündigt sich an den 36 kreisangehörigen Städten und Gemeinden im Landkreis, die dann fast alle in die Haushaltssicherung getrieben würden.

Nicht mitmachen wird die LINKE schließlich bei der vollständigen Streichung der freiwilligen Mittel für die Vereinsförderung im Sport- und Kulturbereich (2010: 100.000 Euro). Das Beispiel der Kürzung der Jugendpauschale beweist, dass solche Streichungen nicht nur unsozial und kulturlos sind, sondern vor allem kontraproduktiv im Sinne der Haushaltskonsolidierung.

Insgesamt hat das WIBERA-Gutachten auch ohne politischen Auftrag eine wichtige politische Erkenntnis gebracht: Selbst bei brutalstmöglicher Umsetzung aller 41 Maßnahmen des HSK können bis zum Jahr 2014 nur etwa 70 Mio. Euro „erwirtschaftet“ und die Fehlbeträge im Haushalt nur um etwa ein Drittel reduziert werden. Es bleibt ein gewaltiges strukturelles Defizit im Kreishaushalt, das sich von Jahr zu Jahr weiter aufzubauen droht. Deshalb muss es eine grundlegende Reform im Sächsischen Finanzausgleichsgesetz (FAG) geben, die vor allem die weiterhin  stark ansteigenden Sozialausgaben auffängt.

Schließlich ist dringend eine Sonder-Hilfe vom Land in Gestalt so genannter Bedarfszuweisungen aus dem Finanzausgleichsgesetz notwendig (§ 22 Abs. 2 FAG).  Diese ist durch die besondere Strukturschwäche des Landkreises und die offenkundige Sonderbelastung Nordsachsens in Höhe von rund 20 Mio. Euro aus dem Sanierungsvertrag für die untergegangene Sparkasse Torgau-Oschatz mehr als gerechtfertigt.


Vorlage (DS 1-376) im Kreistag mit Haushaltssicherungskonzept als PDF